"Keene zehn Ferde" brächten Frau Lemke nach "draußen am Kurfürstendamm". Dass Schwiegersohn Hans Zillmann und Tochter Lieschen in eine neue "Komfohrwohnung" in den Westen ziehen wollen, hält sie völlig für verrückt: "Keen Bäcka – keen Schlächta – nischt is da". Doch Berlin Wildwest, wie die Berliner das neue Viertel frech taufen, entwickelt sich überraschend schnell in "Berlin WW". Die Gegend, erst als "j.w.d." (janz weit draußen) verspottet, wird zum Hotspot der wachsenden Großstadt. Immer mehr alteingesessene Firmen eröffnen dort Filialen, in den Abendstunden erhellt elektrisches Licht den Boulevard und man sieht die eleganteste Garderobe auf der Straße. Nach anfänglichem Widerstand findet sich die ganze Familie Lemke einschließlich Onkel Karl im Westen ein. Wie immer ist das Familienleben mit Turbulenzen gesegnet. Onkel Karl hat sich aus unerfindlichen Gründen die Haare "amerikanisch" schneiden lassen und scheint eine Dame kennengelernt zu haben. Für größere Aufregung sorgt das von ihm provozierte Duell mit komplizierter Sekundantensuche. Und Lieschens Ehe hat offensichtlich die ersten schweren Kratzer abbekommen. Jedenfalls lässt Schwiegersohn Hans eines Tages bei den Lemkes anfragen, ob Lieschen bei ihnen sei – sie sei seit drei Tagen nicht nach Hause gekommen. Mit einem weiteren Band der Urberliner Familie Lemke schreibt Edwin Graeser weiter an der liebevollen Chronik der Gründerjahre Berlins.Mit dem fünften Band der Romanfolge "Lemkes sel. Witwe" erobert die Familie Lemke den Westen. Ihr Umzug in die neuerbaute Gegend um den Kurfürstendamm wird zur amüsanten Chronik der Gründerjahre eines aufstrebenden Berlins.
Erdmann Graeser (1870–1937) war ein deutscher Schriftsteller. Als Sohn eines Geheimen Kanzleirats im Finanzministerium in Berlin geboren, ist Graeser zwischen Nollendorfplatz und Bülowbogen im Berliner Westen aufgewachsen. Graeser studierte Naturwissenschaften, brach jedoch das Studium ab und arbeitete zunächst als Redakteur für die "Berliner Morgenpost" und später als freier Schriftsteller. Er wohnte viele Jahre in Berlin-Schöneberg und zog nach seinem literarischen Erfolg nach Berlin-Schlachtensee im Bezirk Zehlendorf. 1937 starb er an einem Herzleiden. Sein Grab liegt auf dem Gemeindefriedhof an der Onkel-Tom-Straße in Zehlendorf. In seinen Unterhaltungsromanen thematisierte Graeser die Lebenswelt der kleinen Leute im Berlin seiner Zeit und legte dabei auch großen Wert auf den Berliner Dialekt. Zu seinen bekanntesten Romanen gehören "Lemkes sel. Witwe", "Koblanks", "Koblanks Kinder" und "Spreelore". Einige seiner Romane wurden später auch für Hörfunk und Fernsehen bearbeitet.