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Dresden 1919 : Die Geburt einer neuen Epoche

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Dresden 1919 – die Stadt gleicht einem Brennglas, in dem sich die Lage der entstehenden Weimarer Republik spiegelt: KlassenkĂ€mpfer treffen auf Sozialdemokraten und ein kaisertreues BĂŒrgertum. KriegskrĂŒppel und Schwerverwundete prĂ€gen den Alltag ebenso wie eine pulsierende KĂŒnstlerszene. Jederzeit droht der BĂŒrgerkrieg. Aus historischen Zeugnissen und den Erinnerungen beteiligter Akteure formt Freya Klier ein beeindruckendes Panorama der damaligen Jahre und spannt den Bogen in unsere Zeit, indem sie Parallelen zur Gesellschaft heute zieht.

"Über dem Europa des Jahres 1919 liegen Hunger und eine tiefe Erschöpfung – sowohl auf Seiten der Sieger als auch der Besiegten. Der Habsburger Völkerstaat ist in seine Bestandteile aufgespalten, und Deutschland als dem grĂ¶ĂŸten Verlierer des Weltkriegs wird ein Friedensvertrag diktiert, der die Menschen quer durchs Land in Zorn und Depressionen versetzt. Aus dem Osten droht der Bolschewismus, im Westen halten die SiegermĂ€chte deutsche Gebiete besetzt. Wie soll das weitergehen? Niemand will die Verantwortung fĂŒr diesen Krieg ĂŒbernehmen – am wenigsten jene, die ihn zu verantworten haben."

Freya Klier lĂ€sst Menschen zu Wort kommen, die damals hautnah dabei waren: sie zitiert aus den TagebĂŒchern von KĂ€the Kollwitz und Victor Klemperer, sie zeichnet Erinnerungen von Erich KĂ€stner, Ernst Toller, Oskar Kokoschka und Marie Stritt auf. Die zwölfjĂ€hrige JĂŒdin Johanna Lindemann schildert beeindruckend, was Kinderarmut in der Kriegs- und Nachkriegszeit bedeutete. Noch weiß sie nichts von dem dramatischen Schicksal, das sie erwartet.

Vieles von dem, was nach Ende des Ersten Weltkriegs geschieht, lĂ€uft in Dresden zusammen. In den Metropolen der anbrechenden Weimarer Republik sind die Stimmungen sehr unterschiedlich. Nur im Vergleich mit den Ereignissen in MĂŒnchen, Berlin oder Köln lĂ€sst sich die Umbruchzeit im Elbetal des Jahres 1919 beschreiben. Wieso sind die Freikorps hier nicht so brutal wie im Ruhrgebiet oder in Bayern? Wieso verlĂ€uft die Revolution fast friedlich, ebenso die Ausrufung des Freistaates? Dresden wird zum Zentrum der ReformpĂ€dagogik. In keiner anderen Stadt grĂŒnden sich im Jahr 1919 so viele Vereine wie in der sĂ€chsischen Hauptstadt. Alle handeln aus derselben Motivation: Sie wollen die Welt verĂ€ndern.

Und "kaum wahrgenommen in der Welt des patriotischen Rauschens macht sich eine Generation starker Frauen auf den Weg, um ein gesamtdeutsches Frauenwahlrecht zu erkĂ€mpfen – an ihrer Spitze die Schauspielerin Marie Stritt. Sie agieren aus der bĂŒrgerlichen Mitte heraus, ohne aggressive AusfĂ€lle gegen das mĂ€nnliche Geschlecht. Sie bekommen großen Zulauf und sind auf Anhieb erfolgreich, wie die Wahlen zur Nationalversammlung zeigen."

Im Jahr 2019 feiert der Freistaat Sachsen mit der Hauptstadt Dresden seinen 100. Jahrestag. Am Beispiel dieser Stadt erzÀhlt Freya Klier auf beeindruckende Weise von dem schwierigen Wandel des Kaiserreichs in die Weimarer Republik, in dem sie einen neuen Blick auf die Geschehnisse der Jahre 1918-1920 wirft.