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Fluidum

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Der 'animalische' oder 'thierische' Magnetismus, auch Mesmerismus genannt, war zur Zeit eines Mozart oder Goethe höchst populĂ€r und bewegte Ärzte und Naturforscher, Dichter und Denker, Wissenschaftler und Laien gleichermaßen. Aber wĂ€hrend Mozarts Musik und Goethes Dichtung heute allgegenwĂ€rtig sind, ist jenes Heilkonzept mit seinen faszinierenden Experimenten und Spekulationen in Vergessenheit geraten. Dabei hat es wie kaum eine andere Lehre das wissenschaftliche und kulturelle Leben vom ausgehenden 18. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts beeinflusst und die von der Französischen Revolution ĂŒberschattete Epoche mitgeprĂ€gt. Als der Mesmerismus mit den Fortschritten der Naturwissenschaften und der Technik in der zweiten HĂ€lfte des 19. Jahrhunderts aus der Mode kam und als okkulter Mystizismus angesehen wurde, verschwand er keineswegs von der BildflĂ€che. Vielmehr emigrierte er aus der Welt der Wissenschaft in andere kulturelle SphĂ€ren und hatte etwa in Naturheilkunde, Laienmedizin und Esoterik Konjunktur. Dort wurde er gerne auch als 'Heilmagnetismus' bezeichnet, um seine Eignung als allgemeines Heilmittel hervorzuheben.

Die Grundidee des Mesmerismus war einfach: Da angeblich alle Körper, auch der menschliche, in ein Fluidum eingetaucht schienen, das ĂŒber die Nerven auch in den menschlichen Organismus eingeleitet werden konnte, bestand die Ă€rztliche Kunst darin, dieses Fluidum zu bĂŒndeln und gezielt auf den Kranken zu ĂŒbertragen. Es gab unterschiedliche Methoden hierfĂŒr, die in der einschlĂ€gigen Literatur ausfĂŒhrlich dargestellt wurden: Magnetische Striche (passes) mit den HĂ€nden ĂŒber die KörperoberflĂ€che, Behandlung mit dem magnetischen KĂŒbel (baquet) in der Gruppe oder auch einzeln, sonstige magnetische Manipulationen wie zum Beispiel das Trinken von von 'magnetisiertem Wasser.

Mesmer selbst ging es, im Unterschied zu vielen seiner spĂ€teren AnhĂ€nger, weniger um 'magnetischen Schlaf' und Somnambulismus als Quelle spiritueller Erleuchtung ('Geisterseherei'), als vielmehr um die organische Heilwirkung des Fluidums. Er war von dieser quasi physikalischen Kraft ĂŒberzeugt, die er durch seine magnetische Kur therapeutisch einsetzen wollte und die er als 'Fluidum' (auch 'Allflut' oder 'fluide universel' ) bezeichnete. In dieser Abhandlung sollen nun dessen magisch anmutenden Wirkungen referiert werden. Sie erinnern uns heute an PhĂ€nomene der Hypnose, der Suggestion und des Placebo-Effekts und können uns diese in einem neuen Licht erscheinen lassen.