In seiner Verkörperung als Pharao kam der Mann im alten Ägypten einer Gottheit gleich. Auch die Menschen, die dem Sonnengott nahestanden, waren meist Männer. Diese Untersuchung geht der Frage nach, welche Schlüsse sich von dem religiösen Kult und seinen bildlichen Darstellungen auf die wirkliche ägyptische Gesellschaft ziehen lassen. Die Rollen und Aufgaben der Geschlechter werden dabei ebenso betrachtet wie die Normen und Regeln, denen sie ihre Sexualität unterwarfen. Hierfür werden zahlreiche schriftliche und archäologische Zeugnisse herangezogen und bildliche Darstellungen von Göttern, Männern und Frauen, von Vaterschaft und Fruchtbarkeit befragt. Die Entschlüsselung dieser Zeugnisse bringt eine Kultur voller Widersprüche zum Vorschein: eine Kultur, die einerseits stark „gegendert“ war und die Welt in einer strikten Geschlechterdualität dachte – und in der sich andererseits lebhafte Zeugnisse eines Geschlechterkampfes finden sowie Spuren einer androgynen Revolution, die Männlichkeit und Weiblichkeit in einer transzendentalen Kultur vereint. So tauchen in einer archaischen Welt, die von Männern dominiert war und die das Wesen des Mannes als Norm ansah, immer wieder Grenzverschiebungen auf, die modernen Auffassungen von Sexualität und Geschlecht erstaunlich nahekommen.