Die Beiträge des vorliegenden Bandes thematisieren aus kunsthistorischer, historischer und germanistischer Perspektive das Phänomen des Kulturtransfers an deutschen Fürstenhöfen an der Epochenschwelle von Mittelalter und Früher Neuzeit. Während in den Jahrzehnten vor 1500 viele deutsche Höfe wegen der zunehmenden internationalen Vernetzung immer stärker die in Italien, den burgundischen Niederlanden oder Frankreich entwickelten kulturellen Standards rezipierten, bedeuteten die Jahrzehnte nach 1500 durch die Auswirkungen der Reformation für die deutschen Höfe sowohl eine Beschleunigung als auch eine nachhaltige Veränderung der kulturellen Transfer- und Transformationsprozesse. Die Analyse der Jahrzehnte vor und nach 1500 ermöglicht daher sowohl eine Würdigung des prozesshaften Verlaufs des Kulturtransfers als auch seiner Abhängigkeit von den konkreten historischen Rahmenbedingungen, innerhalb derer sich das kulturelle Niveau der Fürstenhöfe im Alten Reich entwickelte.
Im Mittelpunkt der Beiträge stehen Fragen nach der Bedeutung der bildlichen und schriftlichen Medien, der Architektur und der Schatzkunst für Prozesse des Kulturtransfers um 1500. Behandelt werden u.a. der Hof Kaiser Maximilians I. sowie die kulturell führenden Höfe der kursächsischen Wettiner und der Wittelsbacher. Beiträge zu Jacopo de’ Barbari und Lucas Cranach d.Ä. vermitteln überdies neue Erkenntnisse über die Mitwirkung einzelner Hofkünstler bei Transfer und Transformation fremder kultureller Normen und künstlerischer Motive vom Süden in den Norden Europas.