"Als sie das erste Mal auf Sendung ging, ließen die Vorarbeiter im Hafenbüro ihre Einsatzpläne sinken. Die Autofahrer, die vor den Schleusen warteten, beugten sich nach rechts, um das Radio lauter zu drehen.(... ) "Guten Morgen, Seeleute", hatte die Moderatorin gesagt, "ihr Leute auf See und an der See, hier schicke ich Euch ein Bandoneon vorbei, das euch auf Nordmeerwellen in den Tag trägt." Nichts, was sie sagte, war so außergewöhnlich, dass es den morgendlichen Betrieb in einer mäßig ausgeschlafenen Hafenstadt hätte stocken lassen müssen. Es war ihre Stimme."
Wenn sie zu hören ist, werden die Radios lauter gedreht und stocken die Gespräche: Nora Tewes hat die perfekte Radiostimme - und einen Plan: Auf 100.7, einem Sender, den sie mit zwei Freunden gegründet hat, will sie einen lange davongekommenen Täter in die Enge treiben.
Überstürzt ist Nora aus ihrem eigenen Leben als Tänzerin in New York in ihre Heimatstadt zurückgekehrt, um ihrer Mutter, die im Sterben liegt, nahe zu sein. Unter dem Druck beharrlicher Nachfrage Noras nach der Vergangenheit bricht eine nur oberflächlich verheilte Wunde auf, und ein Verbrechen, dessen Opfer ihre Mutter als Kind geworden ist, wird offenbar. Nora erstattet Anzeige und erhält eine niederschmetternde Antwort: Verjährt. Aufgewühlt sucht sie nach einem Weg und hat eine Idee. Das Radio bietet ihr die Möglichkeit, diese umzusetzen und sie beginnt ein gefährliches Spiel.
Temporeich, unverwechselbar im Ton, mit eigenwilligen Charakteren, die man nicht mehr vergisst, erzählt Karin Kalisa in ihrem schmerzlich-schönen und politisch brisanten Roman davon, wie beherztes Handeln die Suche nach Gerechtigkeit vorantreibt.