(0)

Der Kerzenzieher : Zweisprachige Ausgabe

E-book


Diese turbulente, im zeitgenössischen Neapel angesiedelte Komödie veröffentlichte Bruno 1582 in Paris als sein erstes Werk in italienischer Sprache. Die drei Hauptfiguren in diesem sprachlich und soziologisch erstaunlich detailgetreuen Notturno sind ein geldgieriger Alchemist, ein ehebrecherischer PĂ€derast (nach diesem »Kerzenzieher« ist das StĂŒck benannt) und ein hochmĂŒtiger Schulmeister. Bestraft werden die negativen Protagonisten durch Intrigen, die der Maler und MeisterillusionĂ€r Gioan Bernardo zusammen mit der Kupplerin Lucia ausheckt.

Der Candelaio ist mehr als ein literarisches BravourstĂŒck mit mehreren ineinander verwobenen HandlungsstrĂ€ngen sowie einer LiebeserklĂ€rung des Autors an seine Heimat Neapel. dass hier zentrale Positionen angelegt sind, die Bruno in seinen philosophischen Schriften ausfĂŒhrt, ist bislang zuwenig beachtet worden: Themen wie die Dialektik von Sein und Schein (sie verlangt nach einer Methode fĂŒr den sachgerechten Umgang mit den tĂ€uschenden Bewußtseinsbildern), das Wirken der Fortuna in einem zyklischen Weltbild und Kommentare zur gleichzeitig in den lateinischen Schriften des Autors entwickelten GedĂ€chtniskunst sind in die Handlung eingebettet. So betrachtet erschließt sich das StĂŒck als literarisches Experiment, in welchem Bruno versucht, das neue Denken in neuem Gewand auf der BĂŒhne zu prĂ€sentieren.

Zahlreiche intertextuelle Verweise auf Klassiker der italienischen und der antiken Literatur machen den Candelaio nicht nur fĂŒr Literatur- und Theaterwissenschaftler, sondern (wegen der authentischen Darstellung der Gauner, Scharlatane und Prostituierten) auch fĂŒr Kulturhistoriker zu einem beachtenswerten Quellentext. Bruno vergegenwĂ€rtigt mit seinem Cicerone der etwas anderen Art einen zu Unrecht vernachlĂ€ssigten Brennpunkt frĂŒhmoderner europĂ€ischer Kultur.