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Die Macht der Verführung

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Die Macht der Verführung: Sie unterläuft die Wahrheit und die Kräfte der Produktion, sie erledigt, parodiert den Sinn und lockt uns ins Spiel. Die Macht der Verführung ist die Macht des Weiblichen. Das Weibliche aber ist unwiderstehlich: der reine Schein - substanzlos, mysteriös, ungeheuer. So beginnt Baudrillard uns die Geschichte der Verführung zu erzählen, eine Geschichte, die immer wieder beginnt, die nie zum Ende kommt.

Es geht nicht um Sex. Es geht nicht um Lust. Das Sexuelle ist flach und banal, nur Physiologie, Mechanik, Sport - die Verführung dagegen eine Herausforderung, ein Duell, "geheime Distanz", eine Beziehung der Überbietung, der Entgegnung. Sie favorisiert das Schwache, kreist um leere Begriffe, arbeitet mit Magie und Zauber. Die Verführung ist ritueller Tausch: "Ich kann nur verführen, wenn ich schon verführt bin, und niemand kann mich verführen, ohne selbst schon verführt zu sein." Baudrillard, der Verführer, führt uns durch alle Arten der Verführung: Die Verführung Gottes, der Götter, der Toten, der Frau, des Spiels.

Aber was für arme, schwache Zeiten für die Verführung: Wir sind eine Kultur der "ejaculatio praecox" - Triebabfuhr und Befriedigung stehen auf dem Programm! Es ist die Zeit der Wahrheitsapostel und Sinnstifter, der Produzenten, Klone, der Liebe, des Universellen. Gegen diese Übermacht evoziert Baudrillard das Schicksal, die Leidenschaft, das Flüchtige, den Tod! Doch die Macht der Verführung ist auch und gerade dort, wo die Verführung ausgeschlossen, gebannt, exorziert werden soll.

Jean Baudrillard, der große französische Theoretiker spricht hier deutsch. Gelegentlich fällt er für einige, wenige Sätze in seine Muttersprache, um diese dann gleich zu übersetzen: Selten waren Suchbewegungen des Denkens, war Sprachfindung plastischer, präsenter. Und in den Lücken, dem Abgrund zwischen den Sprachen kommt das Unaussprechliche, Namenlose zum Vorschein.