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Erreichtes Ziel

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Erreichtes Ziel ist eine ErzÀhlung von Isolde Kurz.

Auszug:

Baron Tempe galt unter den Deutschen in Rom fĂŒr einen ganz vertrackten Sonderling. Er hatte sich schon frĂŒh von der diplomatischen Laufbahn zurĂŒckgezogen, weil ihm der Zwang einer offiziellen Stellung und »des Dienstes ewig gleichgestellte Uhr« nicht mehr behagten; ein betrĂ€chtliches Vermögen setzte ihn in den Stand, unabhĂ€ngig zu leben. Da er jedoch Ă€ußerst ungern Verbindlichkeiten einging und auch die eingegangenen niemals hielt, so wurde er ein unbequemer Gesellschafter, der sich mit allen Zirkeln und Klubs ĂŒberwarf und in der großen Stadt abseits vom Weltverkehr sein hagestolzes Wesen trieb. Um nur von keinem Menschen abhĂ€ngig zu sein und sich an keine Stunde binden zu mĂŒssen, nahm er die Gewohnheiten eines Einsiedlers an, und obwohl er ungesehen, wenn eben die Laune ĂŒber ihn kam, die grĂ¶ĂŸten Spenden gab, galt er bei den Fernerstehenden fĂŒr einen Geizhals und Menschenfeind, weil er sich jeder laufenden Beisteuer, zu welchem Zweck sie auch gefordert wurde, standhaft entzog. Dagegen hĂ€ngten sich Schmarotzer an ihn, die seinen Grillen schmeichelten und sich die Wandelbarkeit seiner Gesinnungen gern gefallen ließen, wenn sie nur dabei zu ihren Zwecken gelangten. Baron Tempe kannte zwar seine Leute und in Stunden des Unmuts ließ er sie's auch empfinden, da der Mensch aber doch den Umgang des Menschen braucht, fand er es bequemer, nicht ĂŒber die guten Freunde nachzudenken, sondern nur diejenigen Seiten ihres Wesens aufzufassen, die er jeweilig brauchbar fand. Kurz, er hatte eine Abneigung gegen klare VerhĂ€ltnisse und es war ein Hauptsatz seiner Lebensweisheit, daß man den Dingen nicht zu sehr auf den Grund gehen dĂŒrfe.