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Max Tau und der Neue Verlag : Ein Kapitel deutscher Exilliteraturgeschichte

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Der erste TrĂ€ger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels, Max Tau (1897–1976), dessen Freundes- und Bekanntenkreis sich zu Lebzeiten wie das Who-is-Who der Literatur- und Verlagswelt liest, ist heute ein nahezu Unbekannter. Sein Metier als Lektor und Verleger war es, Talente aufzuspĂŒren und erfolgreich zu publizieren; so gilt er unter anderem als Entdecker von Marie-Luise Kaschnitz, Luise Rinser und Wolfgang Koeppen.

Frieden und VölkerverstĂ€ndigung waren stets das Ziel seiner BemĂŒhungen. Selbst durch die Erfahrungen der NS-Herrschaft, die ihn ins Exil trieb und eines Großteils seiner Familie beraubte, rĂŒckte er nicht von seinen Idealen ab. Offen bekannte er sich zu Pazifismus und Humanismus und setzte sich bereits unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkriegs intensiv fĂŒr eine Aussöhnung mit Deutschland ein. FĂŒr seine Verdienste wurde er unter anderem mit dem Ă€ußerst selten verliehenen Großen Bundesverdienstkreuz am Schulterband (1959), dem Nelly-Sachs-Preis der Stadt Dortmund (1965), dem Literaturpreis der Deutschen Freimaurerloge mit dem Lessing-Ring (1966) und dem Sonning-Preis der UniversitĂ€t Kopenhagen (1970) ausgezeichnet.

Ab 1928 bis zu dessen Einstellung 1938 war Max Tau Lektor und literarischer Leiter des Bruno Cassirer Verlags in Berlin und prĂ€gte dessen Programm und Profil entscheidend mit. Mit der "Machtergreifung" durch die Nationalsozialisten wurde es fĂŒr Cassirer und Tau, die beide jĂŒdischer Abstammung waren, zunehmend schwieriger und gefĂ€hrlicher, in Deutschland zu publizieren. Unter dem unmittelbaren Eindruck der "Reichskristallnacht" flohen beide im buchstĂ€blich allerletzten Moment aus Deutschland: Cassirer nach England, wo er 1941 starb, Tau nach Norwegen und schließlich nach Schweden, wo er eine Anstellung als Lektor im zum Esselte-Konzern gehörigen Ljus-Verlag fand, bei dem er sich nachdrĂŒcklich fĂŒr die Belange der deutschen Literatur einsetzte. Dort wagte Tau, der vorher nie derartige Ambitionen hatte, das Unternehmen, einen eigenen Verlag zu grĂŒnden, und etablierte mit der finanziellen UnterstĂŒtzung des Konzerns ab 1944 seinen Neuen Verlag, dessen Zielsetzung es war, "den Dichtern der Emigration eine HeimstĂ€tte" zu schaffen.

In der vorliegenden Studie nimmt Volker Oppmann das Programm des Neuen Verlags und Max Taus Rolle als Verleger genauer unter die Lupe. Im Zentrum steht dabei die Analyse von drei Werken, die wĂ€hrend der Zeit des Exils entstanden sind und beispielhaft das unmittelbare Zeitgeschehen in einer kĂŒnstlerischen Bearbeitung thematisieren: die Romane Ich warte auf Wunder von Thomas Theodor Heine, Das Beil von Wandsbek von Arnold Zweig und Simone von Lion Feuchtwanger.