Schloss Kostenitz ist eine Novelle von Ferdinand von Saar. Ein Freiherr wohnt mit seiner jungen Ehefrau auf seinem Landsitz und will mit der Politik nichts mehr zu tun haben, doch kann ihr nicht entkommen.
Auszug:
In der Nähe eines Grenzgebirges, dessen westliche Ausläufer sich dicht bewaldet in's flache Land erstrecken, liegt auf mäĂiger HĂśhe ein weitausblickendes SchloĂ, das sich im Laufe der letzten Jahrzehnte nicht allzu freundlich von dem Hintergrunde dunkler Tannen abgehoben hatte. Denn die Mauern waren verwittert, die Fensterläden geschlossen, und um das schweigende Portal wehte der stille Hauch der VerĂśdung. Unten aber dehnte sich die Ebene aus, damals wie heute, ein sonniges Bild regen, werkthätigen Lebens. Hart am FuĂe des Abhanges ein stattlicher Marktflecken, in dessen Umkreise der schwarze Diamant, die Steinkohle, geschĂźrft und auf unĂźbersehbaren Feldern, von nur schmalen Strichen Kornes eingerahmt, die gelb blĂźhende Oelpflanze und die zuckerspendende RĂźbe gebaut wurde. Dazwischen, weithin zerstreut, einzelne Schachte und Fabrikgebäude, gegen deren geschwärzte Mauern und qualmende Schlote sich hier und dort ein hellschimmerndes Landhaus um so lieblicher ausnahm. Von dort herauf erklang tagsĂźber, bald lauter, bald gedämpfter, das Gepolter der Maschinen, das Brausen der Dampfkessel, der gellende Schall der Werkglocken - und verzitterte in den Wipfeln des SchloĂparkes, wo auf dem verschlammenden, von Wasserrosen Ăźberdeckten Teiche ein einsamer Schwan die stillen Kreise zog.