Ernst Cassirer, Nachgelassene Manuskripte und Texte

Band 12 der »Nachgelassenen Manuskripte und Texte« umfasst vor allem das grĂŒndlich ausgearbeitete Vorlesungsmanuskript der 1920/21 in Hamburg gehaltenen Vorlesung »Schillers philosophische Weltansicht«. Cassirer argumentiert darin in fĂŒnf Kapiteln fĂŒr die innere Bedingtheit von philosophischem System und dichterischem Schaffen bei Schiller. In Schillers Werk sieht er einen neuen Stil in der Philosophie entstehen, der sich dadurch auszeichnet, dass der philosophische, abstrakte Gedanke je immer schon eine gestaltete Form hat und philosophische und kĂŒnstlerische Momente in einem inneren AbhĂ€ngigkeitsverhĂ€ltnis stehen. Philosophische Weltansicht ist zugleich auch die Weltansicht des KĂŒnstlers, und Kunst erhĂ€lt damit eine herausragende Stellung im System der geistigen Kultur. Das Manuskript der Schiller-Vorlesung stellt neben dem Kapitel »Freiheitsproblem und Formproblem in der klassischen Ästhetik« in »Freiheit und Form« von 1916 die intensivste direkte Auseinandersetzung Cassirers mit Schiller dar. Der zeitgleich mit der Vorlesung erschienene Text aus »Idee und Gestalt«, »Die Methodik des Idealismus in Schillers philosophischen Schriften« (1921), erscheint vor dem Hintergrund des ausfĂŒhrlicheren Manuskripts als die Behandlung eines Spezialproblems – des Methodengedankens – innerhalb der grĂ¶ĂŸeren Fragen nach der Symbolfunktion der Kunst und der Rolle der Ă€sthetischen Anschauung. Mit der Veröffentlichung des in diesem Band erschlossenen Manuskriptes wird auch deutlich, wie viel Cassirers eigene Antworten auf diese Fragen sich seiner Auseinandersetzung mit Schiller verdanken.