Die Idee der sympathischen, lebensklugen Denise von Schoenecker sucht ihresgleichen. Sophienlust wurde gegründet, das Kinderheim der glücklichen Waisenkinder. Denise formt mit glücklicher Hand aus Sophienlust einen fast paradiesischen Ort der Idylle, aber immer wieder wird diese Heimat schenkende Einrichtung auf eine Zerreißprobe gestellt.
Diese beliebte Romanserie der großartigen Schriftstellerin Patricia Vandenberg überzeugt durch ihr klares Konzept und seine beiden Identifikationsfiguren.
Gregor Bergreuth saß in einer Loge und ließ keinen Blick von der Bühne. Es wirkte erregend auf ihn, Ilse an diesem Tag wieder als Carmen zu erleben. Ihre herrliche Stimme riß das Publikum mehrfach zu Beifallsstürmen während der Szene hin. Unbegreiflich, wie sie das schaffte. Dabei war nicht einmal Zeit für eine gründliche Probe geblieben. Trotzdem hatte sie das Wagnis auf sich genommen. Immerhin war die Carmen früher ihre Glanzrolle gewesen. Daß sie sie auch heute noch beherrschte, bewies diese Aufführung, der er so aufmerksam folgte. Wie innig liebte er sie! Fast schien es unglaubwürdig, daß diese schlanke temperamentvolle Zigeunerin, die ihr Spiel mit der Liebe trieb, seine Frau war. Gab es ein solches Glück? Der Zuschauer lächelte. Ja, Ilse trug seinen Namen und war die Mutter seines kleinen Buben! Daß sie an diesem Tag in der Oper sang, bedeutete nichts Besonderes. Ilse war eingesprungen, weil die Sängerin der Titelpartie in letzter Minute durch Krankheit ausgefallen war und auch die zweite Besetzung nicht hatte singen können. Der Intendant hatte sich an Ilse erinnert und sie angerufen. Zuerst hatte sie nicht gewollt, aber es war dem verzweifelten Chef des Opernhauses am Ende doch gelungen, sie zu überreden. Die Aufführung an diesem Tag war wichtig, weil die Teilnehmer eines Kongresses von der Stadt eingeladen worden waren. Es wäre peinlich gewesen, das Programm ein paar Stunden vor Beginn der Aufführung ändern zu müssen. Nun, Ilse fühlte sich den ehemaligen Kollegen immer noch verbunden.