Wie sieht eigentlich Mut aus? Wie fĂĽhlt er sich an? Und kann jeder mutig sein? Auf Fragen wie diese gibt der Schriftsteller Jan Flieger in seinen vier kleinen Geschichten sehr unterschiedliche, nachdenkliche Antworten.
Sicher ist, Mut hat auf keinen Fall immer mit Kraft und Größe zu tun. Oft ist etwas ganz anderes entscheidend. Und auch Kinder können sehr mutig sein.
INHALT:
Gerettet!
Das Einhorn
Der Hexengarten
Magbule
LESEPROBE:
Der Hexengarten
Der Garten ist groß und die Bäume tragen Kirschen. In ihrer Mitte steht eine wacklige Laube. Dort wohnt eine alte Frau mit einem Schäferhund.
Die Kinder sagen: „Sie ist eine Hexe mit einem Killerhund.“
Die Kinder stehen vor dem Zaun. Die Kirschen leuchten rot.
Auf einmal sagt Tobi: „Wer traut sich in den Hexengarten und pflückt Kirschen? Der ist unser Boss!“
„In den Hexengarten rein?“, fragt erschrocken Marie.
Peter grübelt. „Ich mach’s“, ruft er.
Am Zaun aber zögert Peter lange. Wenn der Hund kommt? Wenn die Alte wirklich eine Hexe ist?
Der Mut hat ihn verlassen.
Die Kinder kichern hinter seinem Rücken. „Angeber“, rufen sie.
Da steigt Peter ĂĽber den Zaun. Und pflĂĽckt und isst. Super, diese Hexenkirschen! Und er ist nun der Boss!
Doch da hört Peter lautes, wütendes Gebell. Eom riesiger Hund springt ihm entgegen.
Peter wird ganz steif vor Schreck. Die Hexe kommt! Mit dem Killerhund!
„Hasso!“, ruft die Alte. Der Hund verharrt.
Doch was ist das? Die Alte schmunzelt. „Kannst ruhig essen. Es sind so viele Kirschen.“
Peter wird rot. „Wirklich?“, fragt er ungläubig.
Die Alte nickt: „Aber ja!“ Sie geht zum Gartentor und macht es auf. „Kommt Kirschen essen!“, ruft sie den Kindern zu. Da stürmen sie alle fröhlich hinein.
Peter denkt: Sie ist gar keine Hexe. Aber nur, weil ich mich getraut habe, wissen wir es.