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Pommerles letztes Schuljahr : Band 7 der Pommerle-Reihe

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Die Turmuhr schlug gerade acht, als Pommerle das Hirschberger Gymnasium betrat. Mit lauten Zurufen wurde sie von den Klassenkameradinnen, die vollzĂ€hlig zur Stelle waren, empfangen. "Pommerle wĂ€re beinahe zu spĂ€t gekommen! – Das ist doch sonst nicht deine Sache!"

Das sechzehnjĂ€hrige blonde MĂ€dchen mit den blitzenden Blauaugen und dem vollen, rotwangigen Gesicht lachte. "Ich komme nicht zu spĂ€t. Montag frĂŒh beginnt der Unterricht erst zehn Minuten nach acht." Mit diesen Worten schlenderte Pommerle zu ihrem Platz. Dort lag ein kleines StrĂ€ußchen Herbstastern. "Einer deiner Verehrer", rief ihr ĂŒbermĂŒtig die schlanke Grete zu.

Pommerle sah sich im Kreise um. Am Katheder standen die sechs SchĂŒler; sie nahmen keinerlei Notiz von ihren Kameradinnen. Sie waren eifrig in ein GesprĂ€ch vertieft.

"Heißen Dank dem, der mich mit den Blumen erfreute", rief Pommerle hinĂŒber, "ein zweitesmal wird es mich nicht erfreuen. Es geht auf Ultimo, und ihr habt alle wenig Geld. Laßt es also in Zukunft sein!"

Die JĂŒnglinge schienen nichts zu hören. Nur das Gesicht des einen fĂ€rbte sich dunkelrot. "Seht euch doch den Wilhelm an, wie er jetzt erröten kann!" rief die ĂŒbermĂŒtige Karin Rauke.

Der Geneckte drehte den MitschĂŒlerinnen den RĂŒcken zu, aber die MĂ€dchen brachen trotzdem in lautes Lachen aus. Nur Pommerle winkte abwehrend mit der Hand. Sie wollte nicht, daß einer ihrer MitschĂŒler beschĂ€mt werde.

"Ja, du hast es gut", meinte Ilse Torlege, "bald findest du einen Bonbon unter deinem Pult, bald sind es Blumen. – Du hast eben keine Feinde, nur Freunde!"

"Das wĂ€re schlimm", gab Pommerle zurĂŒck. "Ein Mensch, der keine Feinde hat, hat auch kein Mark in den Knochen. Das ist ein Kriecher, und ich bin kein Kriecher. – â€șViel Feind – viel Ehrâ€č, sagt, ich glaube, Goethe!"

"Bei dir ist es immer Goethe, Pommerle! Ein anderer Dichter sagt doch auch mal was!"

"Ach ja, Goethe", klang es kleinlaut von Pommerles Lippen. "Heute mĂŒĂŸt ihr mir einen großen Liebesdienst erweisen. Ich habe das Gedicht