Ausgehend von dem in der deutschsprachigen Literatur zu Beginn des 21. Jahrhunderts omnipräsenten Thema der Familie beschäftigt sich die Studie mit den familiendynamischen Nachwirkungen der NS-Zeit. Behandelt werden Erzähltexte deutschsprachiger Autoren (von Alfred Döblin über Wolfgang Hildesheimer bis zu Wolfgang Hilbig und Stephan Wackwitz), in denen die Nachwirkungen des Nationalsozialismus in Täterfamilien das Epizentrum ausmachen. Im Mittelpunkt steht weniger die Rekonstruktion von tatsächlich Geschehenem und Erinnertem als ein auf die Gegenwart hin verpflichtetes Umkreisen von Geheimnissen und Leerstellen im familiären Mikrokosmos. Die Arbeit, die ein typologisches mit einem literarhistorischen Interesse verbindet, begegnet dem Mikrokosmos mit dem Begriff des teleskopischen Imaginären. Der Begriff beschreibt den Einbruch der NS-Geschichte in die Transmission zwischen den Familiengenerationen und versucht, diese literarisch zu reflektieren und zu historisieren.
Beginning with the omnipresent theme of the family in German-language literature at the beginning of the 21st century, this study examines the after-effects of the Nazi era on family dynamics. It deals with narrative texts by German-language authors (from Alfred Döblin to Wolfgang Hildesheimer, Wolfgang Hilbig and Stephan Wackwitz), in which the after-effects of National Socialism lie at the epicentre of perpetrator families. The focus is not so much on the reconstruction of what actually happened and how it is remembered, but on secrets and gaps still orbiting within the family microcosm today. The study, which combines typological with literary-historical interest, confronts the family microcosm using the concept of telescopic imagination. This concept describes the transgenerational transmission of Nazi history within the family and seeks to reflect on literary and historical aspects of this process.