Die geheimen Planungen des Innenministeriums zeigen, wie Beamte den Schutz des Staates Ăźber die Sicherung demokratischer Grundrechte stellten.
In der frĂźhen Bundesrepublik war der Geltungsbereich demokratischer Grundrechte keineswegs gesichert. Inwiefern individuelle Freiheiten auch während eines Notstands uneingeschränkt Bestand haben sollten, war eine hart umkämpfte Frage. Während bislang die Ăśffentlichen Proteste gegen die Notstandsgesetze im Vordergrund standen, zeigt Martin Diebel erstmals ausfĂźhrlich die internen Planungen des Bundesinnenministeriums seit den 1950er Jahren. Deutlich wird, wie weitreichend Grundrechte wie die Meinungs- oder Versammlungsfreiheit im Fall von Unruhen, Generalstreiks und Kriegen beschnitten werden sollten. FĂźr den Ausnahmezustand sah das Ministerium zudem vor, rechtsstaatliche Prinzipien vorĂźbergehend auĂer Kraft zu setzen. Auch das Parlament sollte zugunsten einer starken Exekutive entmachtet werden. Die Beamten, durch ihre Sozialisation vor 1945 geprägt, lernten erst schrittweise durch den Ăśffentlichen Druck, neben dem Staat auch die Demokratie zu schĂźtzen. Der Autor zeigt, wie in einem langen internen Aushandlungsprozess ein bundesdeutsches Notstandsrecht entstand, das in vielen Teilen mit älteren Traditionen brach.