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Fontane in Kreuzberg

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Allerlei GlĂŒck

Die Luisenstadt und die Tempelhofer Vorstadt, aus denen am 1. Oktober 1920 der Berliner Bezirk Kreuzberg wurde, stand schon dem jungen Dichter Fontane durch verschiedene Wohnungen, wichtige Ereignisse, Freundschaften und Arbeitsbeziehungen nahe, sodass dieser Stadtteil fĂŒr sein Leben und Wirken besondere Bedeutung bekommen hat. Schon seit den 1820er-Jahren wohnten hier Familienmitglieder: die AdressbĂŒcher melden fĂŒr das Jahr 1820 den Großvater von Theodor Fontane, den »Kabinets-Secretair P. Fontan(e), Friedrichstraße 230; 1824 in Pension« – ebenso 1826, aber nach der »Kleinen Hamburger Str. 13 in ein eigenes Haus verzogen«. Theodor Fontane legte am 19. Dezember 1839 bei dem Kreisphysikus Dr. Natorp, Alte Jakobstr. 109, in der NĂ€he der Kommandantenstraße, die ApothekerprĂŒfung ab. Als er am 30. Dezember 1840 von dieser BerufstĂ€tigkeit aus Burg bei Magdeburg nach Berlin zurĂŒckkehrte, nahm ihn sein alter Freund Fritz Hesselbach in seine Wohnung in derselben Alten Jakobstraße auf; hier erkrankte Fontane und lag sieben Wochen in dieser »Chambre garnie« an Typhus danieder, und dann erst konnte er im FrĂŒhjahr 1841 seine neue Stellung in Leipzig antreten.

Von 1865 bis 1880 arbeitete Fontane – immer wieder abbrechend – an dem Entwurf eines Berliner Gesellschaftsromanes, der im ganzen unausgefĂŒhrt blieb und von dem nur Teile fĂŒr andere epische Werke verwendet wurden. Er sollte den Titel »Allerlei GlĂŒck« bekommen, eine Reihe von skurrilen Gestalten mit sehr verschiedenen Zielen zeichnen und in der Dessauer Straße spielen.

Dass Fontane 1872 in dieser Wohngegend ursprĂŒnglich bleiben wollte, zeigt ein Brief vom 30. MĂ€rz an Mathilde von Rohr: »Meine Frau ist jetzt vor allem in Wohnungsnöten. Ich weiß nicht, ob ich Ihnen schon schrieb, dass unser Haus verkauft ist, dass die Mieten mindestens verdoppelt werden und dass wir also a l l e ziehen. Eine vorzĂŒgliche Wohnung in der Dessauer Straße hat uns Tante Merckel vorgestern weggeschnappt. Ich persönlich teile ĂŒbrigens nicht die allgemeinen Ängste; wir mĂŒssen natĂŒrlich 3 Treppen hoch ziehen und 100 Thlr. mehr bezahlen; c'est tout. DafĂŒr kriegt man aber »was«. Dies schrieb Fontane nur wenige Gehminuten vom Hafenplatz entfernt, wohin er 1886 einen der Berliner SchauplĂ€tze von seinem Roman »CĂ©cile« verlegte.