Eines der rätselhaftesten Gedichte Heinrich Heines ist "Der Asra":
... Und der Sklave sprach: "Ich heiĂe
Mohamet, ich bin aus Jemen,
Und mein Stamm sind jene Asra,
Welche sterben, wenn sie lieben."
Welche sterben, wenn sie lieben? Verständlich wird das nur durch das Leben des Autors. "Tag und Nacht beschäftige ich mich mit meinem groĂen Buch, dem Roman meines Lebens", schreibt er, "und erst jetzt fĂźhle ich den ganzen Wert dessen, was ich durch den Brand im Haus meiner Mutter an Papieren verloren habe." Der vorliegende Roman ist daher nicht geschichtstreu. Eine geschichtstreue Biografie kĂśnnte, da wir zu wenig von ihm wissen, nicht bis in die hintersten Behausungen seines Blutes dringen. Der Mensch lebt nicht nur in der Realität, und ein Dichter schon gar nicht. Der Mensch lebt auch in der Phantasie, und Heines Phantasie ist eminent erotisch. Da die Phantasien immer ausgespart bleiben, gibt es noch keine echten Biografien. Es werden daher erzählerische LĂźcken Ăźberall dort, wo sie auftreten, damit gefĂźllt, wie es gewesen sein kĂśnnte. "Mein wichtigstes Werk sind meine Memoiren, die aber doch nicht so bald erscheinen werden; am liebsten wäre es mir, wenn sie erst nach meinem Tod gedruckt wĂźrden!" Sie offenbaren, was hinter den Kulissen vorging, während seine Dichtungen und Werke nur wie die Schauspieler sind, die auf offener BĂźhne agieren. "Ich arbeite seit Jahren daran. Das Buch wird drei Bände haben, mindestens drei Bände. Keiner fĂźhlt mehr als ich, wie mĂźhsam es ist, etwas Literarisches zu geben, das noch nicht da war, und wie ungenĂźgend es jedem tieferen Geiste sein muss, bloĂ zum Gefallen des mĂźĂigen Haufens zu schreiben. Wenige haben den Mut, alles zu sagen." An diesem Mut soll es hier nicht fehlen!