Wozu schreibt man ein Buch? Damit es gelesen wird. Und wozu schreibt man ein TheaterstĂźck? Damit es gespielt wird. Solche Absicht hatte wahrscheinlich auch Gerhard Branstner, als er seine âKantineâ schrieb. Im Deutschen Theater in Berlin sah es auch Rainer Kerndl, der Theaterkritiker des âNeuen Deutschlandâ:
Dialog Ăźber Kunst, aber kein spielbares StĂźck
Gerhard Branstners âKantine" im Foyer des DT
Seinen Diderot hat Gerhard Branstner gut gelesen, in verwandelter Form reicht er ihn weiter ans Theaterpublikum: Der, optimistische Herr Toredid â lesen Sie den Namen mal rĂźckwärts â gibt vermittels philosophierender Plauderhaftigkeit einiges zum besten, Ăźber die MĂśglichkeit, heutzutage und hier gute StĂźcke fĂźrs Theater zu verfertigen, Ăźber Kunst und Wirklichkeit, Ideal und Machbares, Ăźber Gesellschaft und Theater und und und âŚ
âKantineâ nennt Branstner den Dialog, der im Grunde ein Diskurs mit gelegentlichen Einwänden und Zustimmungen der Partner ist, sicher manch lesenswertes Paradoxum zum weiten Feld der angeschnittenen Themen enthält, nur allerdings eines ganz und gar nicht ist: ein spielbares TheaterstĂźck. Das wird am Ende unfreiwillig komisch: Die gar nicht so undummen ĂuĂerungen Herrn Toredids Ăźber fantasievolles Theater geraten allenfalls zur ästhetisch-abstrakten Programmerklärung, ganz und gar nicht zur ErfĂźllung. Genau eben das, was in dem fiktiven Theaterkantinengespräch verlangt wird, findet absolut nicht statt.
âKantineâ ist kein spielbares StĂźck. Autoren mĂśgen solchem Irrtum unterliegen. Weshalb auf Theaterqualität versessene Dramaturgen eines hochdotierten Schauspielhauses sie kritiklos nachvollziehen, mag eines der letzten Geheimnisse des Jahres 1979 bleiben. Wenn man diesen Text als eine Art festgeschriebener Plauderei â gewissermaĂen als im StraĂenanzug und mit der Absicht, das Publikum als Partner einzubeziehen â weitergegeben hätte ⌠warum nicht? Ihn als ein StĂźck Theaterfantasie in naturalistischer Dekoration und mit dem krampfhaften Versuch szenischer Haltungen und Handlung zu verkaufen, ist nur als grandioser Irrtum zu verstehen. Er fand statt im obergeschossigen Foyertheater des Deutschen Theaters in der Berliner SchumannstraĂe. Als Gastregisseur lieĂ sich Hartmut Ostrowsky nennen, Ernst Kahler bringt es fertig, seine Toredid-Texte mit erstaunlich gelassener Heiterkeit anzubieten, die vier anderen Darsteller versuchen, aus ihren Stichwort-Texten Spielhaltungen abzuleiten.
Aber machen Sie sich am besten Ihr eigenes Bild.