Ilse Helbichs unsentimentale Notate aus dem gefährdeten und umso kostbareren Leben im hohen Alter
Noch einmal hat Ilse Helbich die Notizen der letzten beiden Jahre, ihre Kommentare zum Altern, ihre Selbstbeobachtungen und Aufzeichnungen zu einem neuen Band zusammengestellt. Im Mittelpunkt steht dabei ein bestimmtes Phänomen, das die Autorin in vielen Formen und an unterschiedlichen Orten wahrnimmt und das der Titel "Schmelzungen" widerspiegelt: In ihrem hohen Alter nimmt sie den Charakter des Ăbergangs zwischen unterschiedlichen Lebensphasen, zwischen Erinnerungen und Träumen ganz intensiv wahr, eins geht ins andere Ăźber und verwandelt sich wie unter groĂer Hitze. Und ein Besuch in Dresden fĂźhrt ihr noch eine andere Dimension des Schmelzens unter groĂer Hitze vor Augen: Die wiederaufgebaute Frauenkirche ruft ihr den ganzen unbewältigten, unbewältigbaren Komplex des Handelns ihrer Generation vor Augen, der Schuld, der Mitwisserschaft, des Mitläufertums, des Verschweigens und Verdrängens.
Wie in allen ihren so unvergleichlichen Aufzeichnungs- und Erinnerungsbßchern beweist Ilse Helbich auch in diesem Band ihre nßchterne, auf das Wesentliche gerichtete Eleganz des Schreibens. Dass diese Luzidität auch auf die Wahrheit abzielt, wird in dem Abschnitt ßber die verdrängten, verschwiegenen und entstellten Erinnerungen an die Kriegs- und Nachkriegszeit keinen Leser unberßhrt lassen.