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Von Friedrich Hölderlin existieren rund 130 Briefe an seine Mutter. Die Briefe der Mutter an den Sohn sind – bis auf eine Ausnahme – leider verschollen. In diesem "Briefroman" hat die Autorin der Mutter, Johanna Gock, behutsam ihre Stimme geliehen und die Briefe an den Sohn neu geschrieben, wĂ€hrend die des Sohnes den Originalen entsprechen. So entsteht ein Bild des Dichters, das die vielen Biografien um eine mĂŒtterliche Perspektive ergĂ€nzt. Der Leser bangt mit der Mutter um die Gesundheit des Sohnes, erkennt frĂŒh die widersprĂŒchlichen Stimmungen des jungen Dichters, staunt ĂŒber das viele Geld, das er verbraucht ... Und wĂ€hrend der Jahre im Turm ist die Mutter praktisch der einzige Mensch, dem Hölderlin noch schreibt. AnlĂ€sslich des 250. Geburtstags wurde viel ĂŒber den Dichter berichtet. Wann immer dabei der Name der Mutter fiel, musste man den Eindruck gewinnen, dass Johanna Gock ihrem Sohn das Leben schwer gemacht habe; mit mehr VerstĂ€ndnis auf ihrer Seite hĂ€tte der junge Dichter ein sorgenfreieres Leben fĂŒhren können. Die Briefe des Sohnes sprechen eine andere Sprache. Seiner jeweiligen Stimmung entsprechend klingen sie zĂ€rtlich liebevoll oder selbstanklagend und voller Selbstmitleid. Man kann hier das empfindliche Naturell, die depressive Veranlagung Hölderlins sehen, die die Mutter frĂŒh spĂŒrte und den Sohn dennoch niemals im Stich ließ. Sie hatte immer ein offenes Ohr, vor allem aber immer einen Platz in ihrem Haus fĂŒr ihn. Selbst zu Sparsamkeit erzogen, bezahlte sie stets die Rechnungen des Sohnes, der zeitweilig auf großem Fuß lebte. Dreimal Ă€nderte sie ihr Testament, um sicherzustellen, dass ihr Fritz auch nach ihrem Tod versorgt sein wĂŒrde. Und wenn sie auch vieles nicht verstand, was ihr Sohn schrieb oder was er tat: Sie hat immer zu ihm gehalten.