Island war in früheren Zeiten ein einigermaßen extremer Ort zum Leben. Die Insel im Nordatlantik lag am Rande der der bewohnten Welt, und die Nation war nicht nur isoliert, sondern auch bitterarm. Jahrhundertelange Kolonialherrschaft bedeutete Unfreiheit und Unterdrückung. Das harsche Klima und immer wieder auftretende Naturkatastrophen waren sogar für robuste Seelen eine Herausforderung.
Fünfzig Mini-Essays von Alda Sigmundsdóttir über das Leben und Streben von Isländern in alten Zeiten geben auf lockere und amüsante Weise einen Einblick auf das, was ihre Vorfahren in vergangenen Jahrhunderten bewegt und am Leben gehalten hat.; nie ohne Bewunderung und Respekt vor der menschlichen Widerstandskraft und Stärke, und zwar unter Bedingungen, die man sich heutzutage kaum noch vorstellen kann. Das „Kleine Buch“ gibt Auskunft darüber, wie die Menschen früher mit den Herausforderungen der Natur um sie herum umgingen. Aber es geht auch auf die Konflikte zwischen ihnen und den staatlichen und kirchlichen Autoritäten ein, die ihnen ungerechte Behandlung und drakonische Strafen zuteil werden ließen. Oft endeten solche Konflikte tragisch, mitunter aber lösten die Isländer sie auch ziemlich genial auf ihre Weise. Zu den Formen der dänischen Unterdrückung gehörten ein fast zweihundert Jahre währendes Handelsmonopol und ein totales Tanzverbot für etwa den gleichen Zeitraum; aber auch die aufgezwungene Auflösung eines Haushalts, wenn der Familienversorger starb, sowie die tyrannische Auslegung des Handelsmonopols, durch das die Isländer gezwungen waren, ausschließlich mit dem dänischen Kaufherrn zu handeln, der das Monopolrecht für ihren Bezirk hatte. Hinzu kam das Große Edikt, eine Gerichtsbarkeit mit gefürchteten Urteilen wegen zahlreicher Verstöße gegen die Moral, realen oder eingebildeten.
Es geht aber nicht nur um einen „groben Überblick“, sondern auch ganz viele kleine Aspekte, die Licht auf das alltägliche Leben im alten Island werfen. Dazu gehören die erfinderischen Methoden der Isländer, mit denen sie Mängel aller Art kompensierten; Nahrung konservierten, und immer irgendwo Unterschlupf fanden; oder Licht in ihre Behausungen brachten. Und nicht zuletzt um mit den unzähligen schrulligen abergläubischen Vorstellungen klarzukommen, die man bei vielen großen und kleinen Ereignissen im Leben beachten musste. Das für uns heutige Menschen drollige Reglement für Gäste und Besucher wird beschrieben, und es wird auf den Glauben an Verborgene Wesen eingegangen, ebenso wie auf sexuelle Aktivitäten in früheren Zeiten wird – beispielsweise auf menschlichen Geschlechtsverkehr mit verborgenen Wesen. Aber auch darauf, wie Isländer mit Trauer umgingen, oder mit Ausländern – und noch viel, viel mehr. Heutzutage ist Island ein modernes kosmopolitisches Land, dessen Lebensstandard zu den höchsten in der Welt zählt. Noch vor weniger als hundert Jahren war diese Nation wahrlich kein Ausbund an Gleichheit, Gerechtigkeit und Frieden, sondern eine der ärmsten Nationen in Europa. Die damaligen Lebensbedingungen, von denen man in diesem Buch erfährt, sind auch gar nicht so weit von modernen Isländern entfernt. Viele von diesen Aspekten, lassen sich auch heute noch in der Kultur und in sozialen Strukturen wiederfinden.
Kurz gesagt, „Das kleine Buch von Isländern in alten Zeiten“, ist ein amüsantes, witziges und nichtzuletzt informatives Buch über isländisches Alltagsleben in früheren Zeiten – und in ihm ist auch ein erhellender Blick auf seelische Befindlichkeiten heutiger Isländer enthalten.