In einer meisterhaften literarischen Montage konfrontiert Hanna Krall den stellvertretenden Kommandanten des Warschauer Ghettoaufstandes von 1943, Marek Edelman, mit dem heutigen Herzchirurgen Marek Edelman. Vergangenheit und Gegenwart flieĂen ineinander, die Todgeweihten des Ghettos erscheinen neben herzkranken Patienten des Lodzer Krankenhauses, die KampfgefĂ€hrten Edelmans neben seinen Medizinerkollegen.
Eher zögernd und unwillig berichtet Edelman mit der ihm eigenen Distanz und Ironie ĂŒber das Ghetto. Als einer von Vierhunderttausend hatte er als ZwanzigjĂ€hriger den Abgrund menschlicher Erniedrigung erlebt und das Elend unzĂ€hliger Namenloser mit angesehen. Mit vier Gleichaltrigen hatte er im April 1943 den Aufstand im Warschauer Ghetto ausgerufen.
Es wĂ€re tröstlich, den Kampf der AufstĂ€ndischen zu zelebrieren, aber Edelman weigert sich, den Aufstand zu einem Mythos werden zu lassen, der die DemĂŒtigung und Vernichtung der Juden mit einem strahlenden Glanz der Glorie verdecken könnte. Kompromisslos bleibt er den Menschen verbunden, deren Weg zum »Umschlagplatz« er verfolgt hat und deren Tod er nicht verhindern konnte.
Hanna Krall vermag der bodenlosen Trauer (literarisch) standzuhalten, die in einem Land, das zum Friedhof des europĂ€ischen Judentums wurde, in besonderer Weise prĂ€sent ist. In vielen Passagen geht dieses Buch weit ĂŒber den dokumentarischen Wert eines einmaligen persönlichen Berichtes hinaus und wird zum Kommentar der »condition humaine«.