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Gesellschaftsdiagnosen : Journal für politische Bildung 1/2019

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Unsere "Gesellschaft der Singularitäten" (Andreas Reckwitz) entsteht am Kreuzungspunkt kultureller, ökonomischer und technologischer Wandlungsprozesse und ist durchzogen von Prozessen der Vereinzelung. Spätestens seit den 1990er Jahren befinden wir uns demnach in einer Spätmoderne, in der Besonderheit und Einzigartigkeit herausragende Rollen erhalten. In den 1970er Jahren findet in den westlichen Ländern – auch beeinflusst durch die Kulturrevolution der Zeit um 1968 (vgl. Journal 4/18) – ein Wandel der leitenden Lebenswerte statt: Anpassung an das Allgemeine verliert an Rückhalt, Entfaltung und Verwirklichung des Selbst gewinnen an Überzeugungskraft – das Streben nach einzigartigen, subjektiv befriedigenden Identitäten im Berufsleben, in der Partnerschaft, in der Freizeit und im Konsum – eine wahre Selbstverwirklichungsrevolution.

Kultureller geht mit ökonomischem Wandel zusammen: Ein Großteil von Wertschöpfung und Erwerbstätigkeit findet sich nun im Dienstleistungssektor. Dies hat Auswirkungen auf Seiten des Konsums wie der Erwerbsarbeit; es findet eine neue Konsumentenrevolution statt, die weniger auf Massenkonsum von Standardgütern setzt als auf symbolische Güter, Erlebnisse, Dienste und mediale Formate in großer Differenziertheit. DIe Entindustrialisierung fördert die Expansion der Wissensökonomie für Hochqualifizierte, eine hochgradig subjektivierte Arbeit im permanenten Wettbewerb um Höchstleistungen: Eine liberalisierte Ökonomie, die nicht nach dem Durchschnitt strebt, sondern nach Exzellenz; die nicht nur Einkommen, sondern auch persönliche Befriedigung verspricht.

Die dritte Größe, der laut Reckwitz den Wandel von der Gesellschaft der Gleichen zur Gesellschaft der Singularitäten vorantreibt, ist die digitale Revolution. Die Technik der Industriegesellschaft wirkte standardisierend, die digitale Technologie der Spätmoderne wirkt in mehreren Hinsichten singularisierend. Im Internet findet ein Wettbewerb um Aufmerksamkeit statt, in dem nur Differenz heraussticht, die digitale Welt ist auf das Individuum zugeschnitten. An die Stelle der allgemeinen medialen Öffentlichkeit treten partikulare Communities, die sich jeweils selbst bestätigen. Das verstärkt die Herausforderung des liberalen politischen Systems, auch durch Populismus. Seine Attraktivität gewinnt dieser aus der neuen Spaltungslinie, die zwischen kosmopolitisch orientierten "Liberalisierungsgewinnern" und traditionalistisch eingestellten "Liberalisierungsverlierern" verläuft. Insbesondere diejenigen, die sich als Verlierer der oben beschriebenen Veränderungen sehen und einen ökonomischen und/oder einen kulturellen Verlust fürchten, werden von ihm angesprochen.

Gesellschaftsdiagnosen haben Konjunktur und bestimmen den gesellschaftlichen und politischen Diskurs teilweise maßgeblich mit. Diese Ausgabe des Journal benennt gängige Standortbestimmungen, bringt sie mit Phänomenen wie Digitalisierung, Ökonomie und Populismus in Verbindung und versucht, diese für die politische Bildung urbar zu machen.



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    Eva Beckmann, Bernd Böttcher, Helmut Bremer, Annabell Brosi, Maëlle Dubois, Lea Philline Goseberg, Anna Maria Krämer, Alexander Mack, Katinka Meyer, Catrin Opheys, Jakob Quentin, Wiebke Sondermann, Yasemin Soylu, Larissa von Schwanenflügel, Jantje Theege, Roland Wylezol

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  10. Gesellschaftsdiagnosen : Journal für politische Bildung 1/2019

    Martin Altmeyer, Pamela Brandt, Klaus Dörre, Dirk Jörke, Daniela Kallinich, Joanna Mechnich, Meron Mendel, Andreas Reckwitz, Roland Roth, Veith Selk, Sabine Juliana Stockheim, Alexander Wohnig

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    Boris Brokmeier, Sebastian Engmann, Friedrun Erben, Nissar Gardi, Daniela Keeß, Ulrike Lingen-Ali, Paul Mecheril, Berthold Meyer, Markus Ottersbach, Julian von Oppen, Judith Sucher, Alexander Wohnig

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  12. Wie viel Ungleichheit verträgt die Demokratie? : Journal für politische Bildung 1/2015

    Uwe Berndt, Helmut Bremer, Christoph Butterwegge, Benno Hafeneger

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