Moin. Mein Name ist Ubbo Bremshey, Hauptkommissar und Leiter der Mordkommission Emden. Geboren im Schatten der alten Mühlen von Pewsum, aufgewachsen zwischen Deichen, Schafen und dem ewigen Wind, der hier nie zur Ruhe kommt. Ich bin ein Ostfriese durch und durch. Meine Welt ist flach, das Land weit, der Himmel groß – und das Meer nie weit weg. Wer hier lebt, weiß: Die Stille kann trügen. Und manchmal, wenn der Nebel über die Kanäle kriecht, werden die Schatten länger, als einem lieb ist.
Es war einer dieser typischen Emder Morgende, an denen das Licht wie verdünnte Milch durch die Wolken sickerte. Die Möwen kreischten über dem Ratsdelft, als wollten sie die Stadt vor etwas warnen, das noch nicht geschehen war. Ich saß in meinem Büro am Frickensteinplatz, die Tasse Ostfriesentee dampfte vor mir, und ich blätterte durch die Akten eines alten Einbruchs in Wybelsum, als mein Handy vibrierte. „Bremshey“, brummte ich, noch halb im Geiste bei der Liste gestohlener Silberlöffel.
„Ubbo, hier ist Frerich. Du musst nach Hamswehrum kommen, und zwar sofort.“ Die Stimme meines Kollegen klang ungewohnt angespannt. Frerich Bolten, mein Stellvertreter, war ein Mann, der auch bei Sturmflut und Orkanstärke noch einen trockenen Spruch auf den Lippen hatte. Wenn der die Fassung verlor, war etwas im Busch.
„Was ist los?“ Ich stellte die Tasse ab, der Tee war noch zu heiß zum Trinken.
„Toter im Sieltief. Fischer hat ihn heute Morgen gefunden. Sieht nicht nach Unfall aus. Eher nach Mord.“
