(0)

a tempo - Das Lebensmagazin : Februar 2018

E-book


Liebe Leserin, lieber Leser!

Das Violoncello wurde zum Instrument des Jahres 2018 gewĂ€hlt. Als ich dies las, löste schon die bloße Information Freude aus, denn Ziel dieser "Auszeichnung" ist es, mit vielen begleitenden Aktionen Interesse fĂŒr das jeweilige Instrument und seine Bedeutung zu wecken. Wunderbar – es wird demnach ĂŒberall vermehrt Konzerte geben, in deren Zentrum die KlangwĂ€rme dieses Instruments steht! Heute ist es fĂŒr uns fast unvorstellbar, dass es ĂŒber viele Jahre Frauen verboten war, öffentlich Cello zu spielen. Und doch war es so.

Lise Cristiani (1827–1853) aber wagte es 1844 in Paris, die Musikwelt auf den Kopf zu stellen und fĂŒllte nach anfĂ€nglichem Aufruhr die KonzertsĂ€le in ganz Europa. Es dauerte dennoch ĂŒber ein Jahrhundert, bis Cellistinnen wegen ihrer VirtuositĂ€t am Instrument und nicht wegen ihres Geschlechts von der Musikwelt wirklich wahrgenommen wurden. FĂŒr die SĂ€ngerin Simin Tander sind Musik und Leben untrennbar verbunden. Ihre Stimme, der schon mehr als einmal das Etikett "Sehnsucht" angehĂ€ngt wurde, erinnert in ihrer WĂ€rme, Kraft und leisen Melancholie an den Klang eines Cellos, das gekonnt und voll inniger Freude gespielt wird.

Sich wie einst Lise Cristiani gegen WiderstÀnde zu behaupten, davon kann auch der Grafiker, Jurist und Beuys-GefÀhrte Klaus Staeck mehrere "Lieder singen".

Er gehört zu jenen Zeitgenossen, die es nie einfach nur hingenommen haben, wenn etwas gesellschaftlich in Schieflage geraten ist.

Nein. Er hat sich eingemischt, den Finger in die Wunde gelegt, und stets deutlich Position bezogen – bis heute.

Und er hat einen Gedanken formuliert, der uns durchs Jahr 2018 und all seine Herausforderungen begleiten kann: "Vielleicht bin ich verrĂŒckt, indem ich die Wirklichkeit zwar akzeptiere, aber meinen verwegenen Glauben an die Vernunft behalte."

Und so wĂŒnschen wir einen klangvollen und zudem einen verrĂŒckten und verwegenen Februar!

Ihre Maria A. Kafitz