Die ErzĂ€hlfigur in âșBlutbuchâč identifiziert sich weder als Mann noch als Frau. Aufgewachsen in einem Schweizer Vorort, lebt sie nun in ZĂŒrich, ist den engen Strukturen der Herkunft entkommen und fĂŒhlt sich im nonbinĂ€ren Körper und in der eigenen SexualitĂ€t wohl. Doch dann erkrankt die GroĂmutter an Demenz, und das Ich beginnt, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen: Warum sind da nur bruchstĂŒckhafte Erinnerungen an die eigene Kindheit? Wieso vermag sich die GroĂmutter kaum von ihrer frĂŒh verstorbenen Schwester abzugrenzen? Und was geschah mit der GroĂtante, die als junge Frau verschwand? Die ErzĂ€hlfigur stemmt sich gegen die Schweigekultur der MĂŒtter und forscht nach der nicht tradierten weiblichen Blutslinie.
Dieser Roman ist ein stilistisch und formal einzigartiger Befreiungsakt von den Dingen, die wir ungefragt weitertragen: Geschlechter, Traumata, Klassenzugehörigkeiten. Kim de l'Horizon macht sich auf die Suche nach anderen Arten von Wissen und Ăberlieferung, ErzĂ€hlen und Ichwerdung, unterspĂŒlt dabei die linearen Formen der FamilienerzĂ€hlung und nĂ€hert sich einer flĂŒssigen und strömenden Art des Schreibens, die nicht festlegt, sondern öffnet.