"Diese Impresari haben noch immer nicht begriffen, daĂ man die Opern, wenn man sie nicht ungestrichen, wie sie der Autor geschaffen hat, auffĂźhren kann, besser gar nicht auffĂźhrt; sie wissen nicht, daĂ die Transposition eine StĂźckes oder einer Szene fast immer der Grund fĂźr den MiĂerfolg einer Oper ist", schrieb der achtunddreiĂige Giuseppe Verdi 1. Dezember 1851an den Impresario Vincenzo Luccardi. Und achtunddreiĂig Jahre später, am 1. Jänner 1889, an seinen Verleger Giulio Ricordi: "Es gibt nur eine einzige Interpretation eines Kunstwerks, und es kann nur eine einzige geben." Er bezog sich dabei auf die WillkĂźrakte von Sängern und Dirigenten, die seine Opern verunstalteten und verstĂźmmelten. Er konnte zu diesem Zeitpunkt nicht ahnen, was das deutsche "Regietheater" dereinst seinen Werken antun wĂźrde.
Verdis detaillierte und fundierte Aussagen zur Interpretation seiner Werke finden sich in vielen seiner Briefe aus sechs Jahrzehnten und in sonstigen zeitgenĂśssischen Dokumenten. Heute weitgehend unbekannte Berichte von Augen- und Ohrenzeugen Ăźber Verdis Arbeitsweise, seine InterpretationswĂźnsche und Dirigate kamen noch Jahre nach dem Tod des Komponisten zutage.
Da Verdi sowohl bei der Komposition als auch bei der szenischen Realisation seiner Werke pragmatisch vorging und theaterpraktischen Aspekten ausnahmslos den Vorrang vor theoretischen Erläuterungen einräumte, sind seine WĂźnsche und Ansichten auch heute noch von auĂerordentlichem Interesse.