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Nackt

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Ein Kleid aus Honig bildet den Höhepunkt der Herbstkollektion, die Marie in Tokyo prĂ€sentiert. Nackt, nur mit glĂ€nzender SĂŒĂŸe ĂŒberzogen, schreitet das Mannequin ĂŒber den Laufsteg, gefolgt von einem lebenden Bienenschwarm. Ein erhabener und doch fragiler Moment, der erst Perfektion erlangt, als die minutiöse Planung dramatisch scheitert ... Mit dieser umwerfenden Szene beginnt der neue Roman von Jean-Philippe Toussaint um die Modeschöpferin Marie Madeleine Marguerite de Montalte.

Am Ende des gemeinsamen Sommers wartet der ErzĂ€hler vergeblich am Fenster seiner Pariser Wohnung auf ihren Anruf. Seine Erinnerung fĂŒhrt ihn zurĂŒck zu der Nacht in Tokyo, als er Marie durch ein Fenster auf dem Dach eines Museums beobachtete und ihr in Gedanken sagte, was er nicht laut auszusprechen wagt - dass er sie liebt, auch spĂ€ter nicht, vielleicht aus Angst, sein Bild von ihr, diese zerbrechliche Schichtung aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, könnte unwiederbringlich zerfallen. Als sie ihn schließlich doch anruft, im herbstlichen Paris zwei Monate spĂ€ter, um ihn nach Elba einzuladen, wirkt Marie gegenwĂ€rtiger, wirklicher als je zuvor. Bei ihrer Ankunft liegt ĂŒber der Insel nach einem Feuer in einer Schokoladenfabrik ein kakaogeschwĂ€ngerter Schleier, den der Regen allmĂ€hlich aus der Luft wĂ€scht. Und noch etwas stimmt nicht: Jemand ist in Maries Schlafzimmer eingedrungen. Dort, im Dunkeln des verlassenen Haus- es, endet das stetige Umkreisen der Liebenden in einer entblĂ¶ĂŸten Empfindung, die zugleich jeder Entzauberung entgeht.

Im vierten und letzten Teil des Romanzyklus um die Modeschöpferin Marie Madeleine Marguerite de Montalte zeigt Jean-Philippe Toussaint sich erneut als Meister des fiktiven Spiels. Mit der Überlappung von Ebenen der Wirklichkeit und Wahrnehmung und dem Verflechten von ZeitrĂ€umen entwirft er eine zarte, perfekt austarierte Kreation, an deren ozeanische Bewegung sich das Liebespaar schmiegt - das glĂ€nzende und hochliterarische Finale fĂŒr Marie und den ErzĂ€hler.