Die Idee der sympathischen, lebensklugen Denise von Schoenecker sucht ihresgleichen. Sophienlust wurde gegründet, das Kinderheim der glücklichen Waisenkinder. Denise formt mit glücklicher Hand aus Sophienlust einen fast paradiesischen Ort der Idylle, aber immer wieder wird diese Heimat schenkende Einrichtung auf eine Zerreißprobe gestellt.
Diese beliebte Romanserie der großartigen Schriftstellerin Patricia Vandenberg überzeugt durch ihr klares Konzept und seine beiden Identifikationsfiguren.
Denise von Schoenecker überlas den Brief noch einmal, den sie vor etwas mehr als einer Woche erhalten hatte. Heute also sollte Gitta Ahlfeld kommen. Dem Brief war wenig zu entnehmen, aber Denise war gewohnt, auch mit dem Herzen zu lesen. Es war nicht schwierig für sie, zu erkennen, dass Gitta Ahlfeld ein Anliegen mitbringen würde. Längst hatte Denise es aufgegeben, sich irgendwelchen Mutmaßungen hinzugeben. Seit sie auf Sophienlust Einzug gehalten hatte und das Gut nach dem Vermächtnis der Urgroßmutter ihres Sohnes Dominik zur Heimat für elternlose Kinder, aber auch für bedrängte Erwachsene geworden war, wusste sie, dass es für sie zunächst nichts anderes zu tun gab als abzuwarten, ob und wie sie helfen könne. Denise hörte den Lärm der kleineren Kinder, die im Park unter Aufsicht von Schwester Gretli herumtollten. Die größeren Kinder waren noch in der Schule, sodass es in dem alten Herrenhaus im Moment verhältnismäßig still war. Irgendwo hörte man einen Staubsauger summen, dann schlug eine Tür zu. Zu tun gab es zu jeder Tageszeit etwas in diesem großen Kinderheim, denn so viele junge Füße brachten Schmutz ins Haus, so viele junge Münder wollten dreimal am Tage satt werden. Die Wäsche musste gewaschen, Kleider genäht und auch repariert werden. Manchmal fragte sich Denise, wie Frau Rennert das als Heimleiterin mit stets gleichbleibender Heiterkeit meisterte und es dabei noch fertigbrachte, für jeden ein offenes Ohr zu bewahren. Jetzt meldete Carola Rennert, dass die erwartete Besucherin soeben mit dem Auto angekommen sei. Sie habe den Wagen zufällig bemerkt und die Dame hereingebeten. Sie warte im Salon. Sofort erhob sich Denise von Schoenecker und strich ihr dunkles Haar zurück. »Ich komme, Carola«, rief sie der jungen Frau zu. Während Carola den Weg zu ihrer Wohnung einschlug, begab sich Denise zu dem Biedermeiersalon, den einstmals Sophie von Wellentin bewohnt hatte und der noch heute so aussah wie zu Lebzeiten von Dominiks Urgroßmutter. Als Denise eintrat, stand Gitta Ahlfeld am Fenster und umklammerte ihre Handtasche, als habe sie Angst, dass man sie ihr wegnehmen könne.