(0)

Wildfeuer

E-book


In »Wildfeuer« bleibt Clara Viebig nicht bei den engen Grenzen eines Trivialromans und einer nationalistischen Grundhaltung. Sie sprengt sie, indem sie auf den zweiten Blick gerade die slawische Protagonistin ungleich differenzierter zeichnet als ihr deutsches Pendant. WĂ€hrend Annie ein erwartbares, wenig ereignisreiches und immobiles Dasein auf dem Lande fĂŒhrt, schöpft Bronislawa im Guten wie im Schlechten aus der FĂŒlle des Lebens, lernt SĂŒdeuropa und damit die große weite Welt kennen. Zwar wachsen beide MĂ€dchen ohne Mutter auf, aber dieses Aschenputtel-Motiv gestaltet Clara Viebig bei beiden gĂ€nzlich unterschiedlich aus. Die Spiel- und die Trunksucht ihres Vaters, der frĂŒhe Verlust ihres Geliebten und die HĂ€rte der VerhĂ€ltnisse lassen Bronislawa zu einer starken und selbstbewussten Frau reifen, wĂ€hrend Annie keine solch facettenreiche Entwicklung durchmacht, sondern zum AnhĂ€ngsel ihres kĂŒnftigen Ehemanns wird. Am Ende scheitert Bronislawa zwar an ihrem Schicksal, Annie aber tritt in ein ereignisloses Eheleben ohne Höhen und Tiefen ein. Der Leser mag entscheiden, was erstrebenswerter sei.