Gottfried Keller legt in seiner Prosa eine außergewöhnliche Sprachgestaltung an den Tag, was sich besonders in der auffallend farbenreichen Ausschmückung sowohl der auftretenden Charaktere als auch sämtlichen Situations-Beschreibungen samt daraus zusammenhängenden Hintergründen äußert. Diese überaus elegante und wortgewandte Ausdrucksweise harmoniert wunderbar mit der Umgangssprache seiner Figuren, so dass im Resultat eine besondere Stilistik in jeder seiner Erzählungen auftritt und als Gesamteindruck immer eine subtile Ästhetik mitschwingt. In "Die Jungfrau und der Teufel" nimmt ein Spendensüchtiger Mäzen so viele Schulden auf bis er sein ganzes Hab und Gut zu verlieren droht. In seiner Verzweiflung pfändet er seine Frau dem Teufel, doch dieser hat seine Rechnung ohne die heilige Marie gemacht. "Die Jungfrau als Ritter" berichtet vom chronischen Taugenichts und Pechvogel "Zendelwald", dessen Amazonen-Mutter ihrem Sohn nicht verzeihen kann, dass dieser nicht mal in der Lage zu sein scheint mit einem erfolgreichen kleinen Krieg ihre Besitztümer zu vermehren. Die Anzahl der Angestellten und die Menge der Dienerschaft ist erbärmlich und die Situation insgesamt die reinste Zumutung. So viel Leid erträgt die heilige Marie nicht und entschließt sich für den armen Zendelwald wiederum das Reich der Toten zu verlassen. "Die Jungfrau und die Nonne" erzählt von der abtrünnigen Nonne "Beatrix", welche von ihren Hormonen getrieben in die Arme des ersten Mannes flüchtet, der ihr über den Weg läuft – dem Ritter "Wonnebold". Dieser setzt und verliert seine Beatrix beim Würfelspiel an einen anderen Mann, doch zum Glück findet sie einen Weg, um zu ihrem geliebten Wonnebold zurückzukehren. Nach dem Gebären von acht Söhnen kehrt Beatrix erschöpft in ihr Kloster zurück, wo sie niemand vermisst hat, da – Sie ahnen es – die heilige Marie erneut ihre Wunderkräfte unter Beweis gestellt hat. Dem aufmerksamen Leser der Inhaltsangaben wird nicht entgangen sein, dass in sämtlichen vorliegenden Erzählungen der "Bella Mama Jesus" eine wichtige Rolle zuteil wird. Da ihr Sohn und dessen Vater anscheinend keine Zeit haben, muss eben die heilige Marie die Dinge in die Hand nehmen und wird von Keller als Fleisch gewordene Lösung für Probleme seiner Charaktere eingesetzt – witzig, charmant, 100%ig gottesfürchtig und sehr amüsant! Werfen Sie ihre Talismane in den Müll und kaufen Sie sich ein Marie-Motiv-Glücksbringer, dann werden Sie nicht nur garantiert ruhiger schlafen können, sondern brauchen sich im Grunde um gar nichts mehr Sorgen machen. Der Erzählungen Gottfried Kellers dritter Teil.
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