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Kostja Kiefholz

Livre numérique


Kostja Kiefholz, 43, resümiert sein Leben: gelungen oder nicht? Das 'junge Talent' des DDR-Bildungssystems bekam Brücken gebaut, er ging nicht drüber. Misstraute den Eltern, misstraut den (inzwischen kapitalistischen) Arbeitgebern.

Naiv-zuversichtlich war er mal gestartet. Als Selbständiger und Sinnsucher konnte er's nicht lassen, das 'Schöne, Wahre, Gute' zu ersehnen. Im Chaos des Neuen findet er sich nur schwer zurecht. Als Musiklehrer, Werbetexter, Wissenschaftler verdient er den Lebensunterhalt. Kaum etwas scheint geblieben vom euphorischen Beginn. Tugenden und Werte der Kinderzeit sind längst verramscht. Doch taugt sein Anspruch noch? Träumend, augenwischend, gescheitert – ist nun überholt und ganz vergeblich, was vormals noch wichtig und richtig war? Was zählt im Jahr 22 nach der Wende?

Dem Lebenskünstler wider Willen bei seinen Strampelkämpfen zuzusehen, macht Vergnügen, berührt, entsetzt. Es scheint, als müsse Kostja Schiffbruch erleiden, um zu haltbarer Identität zu finden. Er stößt sich an Liebschaften, Kindererziehung, konkurrenzgetriebenen Arbeitsverhältnissen, schlingert zwischen Selbstoptimierung und Selbstsabotage. Das hat, außer dass es als persönliches Desaster schwer zu ertragen ist, auch eine soziale Dimension: Was kann, darf, will Intelligenz? Was bleibt übrig, wenn einer seine Sohnes-, Mitarbeiter-, Bürgerpflichten ebenso abstreift wie Rollenerwartungen an den Liebesfähigen, Verantwortungsbewussten?

Das Kippen aus der Jugend ins Älterwerden ist mit "Wendeverlierer in Midlife-Crisis" unzutreffend etikettiert: Hier versucht einer, sich nicht in Einsamkeit zu verlieren. Was die bitterböse Abrechnung des Berufsversagers so komisch macht, ist, wie ernsthaft und systematisch Kiefholz auf Fehlersuche geht. Man muss nicht zwischen 40 und 50 sein: Wer Vorbilder noch nie leiden konnte, findet in diesem Antihelden ein Prachtexemplar. Sein Anrennen gegen die Übermacht der Zwänge macht jede Menge Lust auf Leben. Mehr davon, weiter so!