Der genaue Charakter dieser Schrift, die Grenzen neu zieht (so zwischen Metaphysik und Moral auf der einen und Religion auf der anderen Seite), aber auch überschreitet (so im literarischen Genus), läßt sich indessen nur schwer bestimmen. Die Reden waren Schleiermachers literarischer Erstling. Ihre Abfassung fällt in die Zeit der intensiven Freundschaft und Zusammenarbeit mit Friedrich Schlegel, sie zeugen aber bereits von der Eigenständigkeit und Originalität der Schleiermacherschen Gedanken innerhalb des frühromantischen Freundeskreises.
Die Entschiedenheit, mit der Schleiermacher die Religion von der Philosophie trennt, verbietet es, die Reden umstandslos als einen philosophischen Text zu lesen. Doch diese Trennung verliert dort an Schärfe, wo er die Religion ausdrücklich ins Verhältnis zur Philosophie setzt und nicht nur die Philosophie betreffende Thesen vertritt, sondern auch philosophische Positionen für sein Religionsverständnis vereinnahmt. Dies geschieht vor allem dort, wo die Religion als 'Gefühl des Unendlichen' bzw. 'Sehnsucht' nach dem Unendlichen spekulative Bedeutung erlangt. Die Religion, so führt Schleiermacher aus, bilde das 'Gegengewicht' zu dem »Triumph der Spekulation […], dem vollendeten und gerundeten Idealismus«, indem sie ihn »einen höheren Realismus ahnden läßt als den, welchem er so kühn und mit so vollem Recht sich unterordnet«.