Sophienlust

Die Idee der sympathischen, lebensklugen Denise von Schoenecker sucht ihresgleichen. Sophienlust wurde gegrĂŒndet, das Kinderheim der glĂŒcklichen Waisenkinder. Denise formt mit glĂŒcklicher Hand aus Sophienlust einen fast paradiesischen Ort der Idylle, aber immer wieder wird diese Heimat schenkende Einrichtung auf eine Zerreißprobe gestellt. Diese beliebte Romanserie der großartigen Schriftstellerin Patricia Vandenberg ĂŒberzeugt durch ihr klares Konzept und seine beiden Identifikationsfiguren. Leuchtend stieg die Sonne im Osten auf und vergoldete mit ihrem Leuchten die WasserflĂ€che des Genfer Sees. Wie gebannt blieb Angelika Berger an dem großen Fenster der Wohnhalle stehen und bewunderte fasziniert diesen zauberhaften Ausblick. Plötzlich fĂŒllten sich ihre Augen mit TrĂ€nen. Der Abschied von der so herrlich gelegenen Villa fiel ihr doch bedeutend schwerer, als sie gedacht hatte. Als die alte Standuhr sechs dumpfe SchlĂ€ge ertönen ließ, wandte das junge MĂ€dchen sich vom Fenster ab, um noch ein allerletztes Mal durch die RĂ€ume zu gehen, in denen sie so viele frohe, aber auch traurige Stunden verlebt hatte. In wenigen Minuten wĂŒrde sie bereits unterwegs sein, um endlich ihre Halbschwester Monika, die sie eine kleine Ewigkeit nicht mehr gesehen hatte, in Deutschland zu besuchen. In dem Schlafzimmer ihrer verstorbenen Tante Lizzy hielt Angelika sich etwas lĂ€nger auf. Hier hatte die alte Dame, die fĂŒr sie mehr als ihre eigene Mutter war, ihre letzten Tage verbracht, hier hatte sie ihr die Augen zugedrĂŒckt. »Liebe Tante Lizzy«, flĂŒsterte Angelika ergriffen, »ich werde alles so tun, wie du es dir gewĂŒnscht hast. Noch einmal danke ich dir, dass du all die Jahre so unendlich lieb zu mir warst.« Sie trocknete hastig ihre TrĂ€nen, als sie Schritte hörte. Frau Zwingli, die HaushĂ€lterin von Tante Lizzy, hatte ihre Koffer zum Auto getragen. Eben kehrte sie, mit vom vielen Weinen dick verschwollenen Augen, wieder ins Haus zurĂŒck. Arme Seele, dachte Angelika voll Mitleid, denn sie wusste, dass die alte Frau sich nur schwer mit den neuen VerhĂ€ltnissen abfinden konnte. Der Tod ihrer Herrin, der sie ein Menschenalter gedient hatte, war fĂŒr sie sehr schmerzlich. Frau Lizzy BĂŒrger war nicht unerwartet gestorben. Durch ein heimtĂŒckisches Leiden war sie fast zwei Jahre ans Bett gefesselt gewesen. Angelika hatte die geduldige Kranke mit aufopfernder Liebe betreut, auch Frau Zwingli hatte ihr jeden Wunsch von den Augen abgelesen. Frau Zwingli war in dem Testament von Frau Lizzy BĂŒrger mit einem Legat bedacht worden, das sie in die Lage versetzte, ihren Lebensabend sorgenfrei zu verbringen.