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Das Dorf des Willkommens

E-book


Das kleine Dorf Riace in Kalabrien und ihr BĂŒrgermeister Mimmo Lucano (2004–2018) wurden wĂ€hrend der humanitĂ€ren Krise von Lampedusa im Jahr 2009 international bekannt, weil sie 200 FlĂŒchtlingen und Asylbewerbern Unterkunft und Gastfreundschaft gewĂ€hrten – im Gegensatz zu Mailand, das gerade mal 20 PlĂ€tze zur VerfĂŒgung stellte. Im Jahr 2017 waren im Dorf 550 Migranten untergebracht, insgesamt hatten es ĂŒber 6000 Menschen durchquert.

Ende der 1990er-Jahre gab es in Riace kaum noch Landwirtschaft und Ackerbau. Die einzige Möglichkeit fĂŒr die wenigen verbliebenen Bewohner war die Flucht. Dann Ă€nderte das von Mimmo Lucano geschaffene Empfangssystem alles. Die HĂ€user im Zentrum, die lange Zeit verlassen waren, wurden neu besiedelt. Hunderten von FlĂŒchtlingen konnte wieder Hoffnung gegeben werden, sie konnten in Handwerksbetrieben Glas und Marmelade herstellen und in einer Weberei arbeiten. Um die verzögerten Auszahlungen von staatlichen Geldern zu ĂŒberbrĂŒcken, wurde gar eine lokale WĂ€hrung geschaffen.

Das »Modell« stieß auf Gegenwehr. Am 2. Oktober 2018, wĂ€hrend der Amtszeit des Innenministers Matteo Salvini wurde Lucano unter dem Vorwurf der Beihilfe zur illegalen Einwanderung verhaftet. Die Aufnahmeprojekte wurden geschlossen, und die HĂ€user stehen wieder leer. Im September 2021 wurde Lucano wegen Beihilfe zur illegalen Migration und anderen Verbrechen zu 13 Jahren Haft verurteilt.

Mimmo Lucano hat nie aufgehört, an seine Idee zu glauben: Jede Gemeinschaft muss auf der Achtung der MenschenwĂŒrde beruhen. Die Geschichte von Lucano ist die Geschichte Italiens, denn sein Mut konnte die Grenze aufzeigen, jenseits derer eine Demokratie ihre Grundwerte verrĂ€t. Das Buch ist ein direktes und tiefgrĂŒndiges Zeugnis, das uns einlĂ€dt, die Augen dafĂŒr zu öffnen, wer wir sind und wer wir sein wollen.