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Gegen die Pseudodialektiker : Zweisprachige Ausgabe

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Vives' Schrift »Gegen die Pseudodialektiker«, die von Thomas Morus und Erasmus von Rotterdam hoch gelobt wurde und stark von Morus und Lorenzo Valla beeinflusst ist, wurde von vielen seiner Zeitgenossen lebhaft rezipiert. Sie ist ein satirischer Angriff auf die vergangenen 500 Jahre UniversitĂ€ts- und Wissenschaftsgeschichte, ein Angriff, in dem sĂ€mtliche Argumente der Humanisten gegen die Scholastik und deren Auffassung von Sprache ins Feld gefĂŒhrt werden, die Vives zufolge doch nur »eine zwar große, aber unnĂŒtze Menge an Unkraut« hervorgebracht habe. Worum es geht, ist also die Rolle der Sprache und die Rangstellung, die die »artes de sermone« in der Ausbildung an der UniversitĂ€t einnehmen sollten: »Denn sie [die Scholastiker] trĂ€umen und erfinden fĂŒr sich selbst Unsinnigkeiten und eine Art neuer Sprache, die nur sie allein verstehen.« Die scholastische Philosophie hatte fĂŒr die Humanisten die FĂ€higkeit verloren, die RealitĂ€t des Menschen zu erkennen und zu erklĂ€ren. FĂŒr die Humanisten motivierend war ihre Abneigung gegenĂŒber dem, was wir als scholastische Methode kennen, die hochintellektuell Fragen generierte und Antworten daraus imaginierte, die aber fĂŒr die Humanisten keinen Realbezug mehr zu haben schien. Die Philosophie an der UniversitĂ€t war fĂŒr die Humanisten seit dem 14. Jahrhundert von einer Realwissenschaft zu einer reinen Begriffswissenschaft geworden, die, wie Petrarca sagt, nicht auf den Dingen, sondern nur noch auf Worten beruhe und sich ausschließlich im Bereich der Sprache bewege – und daher als sinnlose GeschwĂ€tzigkeit kritisiert wurde. Vives' kleine Polemik ist ĂŒber ihren Kontext in der FrĂŒhen Neuzeit hinaus von ĂŒberzeitlicher Bedeutung: Entstanden im Zusammenhang der Krise der Philosophie am Ausgang des Mittelalters, argumentiert sie gegen festgefahrenes Denken und fordert eine neue, dem Leben dienende Philosophie ein.