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Nebbich: Eine deutsche Karriere

E-book


"Ich lese ganz gern in Autobiographien", bekennt Adolf Endler, "aber glaube ich ihnen? ... Ne, ne ne, daß zumal ein Mensch des zwanzigsten Jahrhunderts in befriedigender Weise in der Lage sein könnte, seine "Biographie zu erzĂ€hlen"", hĂ€lt Endler fĂŒr ganz und gar unmöglich. Und wenn er hier mit "Nebbich" ein Buch prĂ€sentiert, das er ausdrĂŒcklich als Autobiographie versteht, so liegt auf der Hand, daß es sich nicht um die brave Darstellung des eigenen Lebens in chronologischer Folge zu einem der Vollkommenheit nahen Ende hin handeln kann. Endlers "Autobiographie aus Splittern" ist, wie wir es schon fĂŒr einen begrenzten Zeitabschnitt in "Tarzan am Prenzlauer Berg" kennengelernt haben, montiert aus Tagebuchnotizen und zeitkritischen Glossen, bös-sarkastischen Zitat-Collagen, essayistischen PortrĂ€ts von Zeitgenossen und Kollegen und erzĂ€hlerischen Fragmenten nicht selten phantasmagorischen Charakters. Denn daß sich das Leben eines Menschen nicht nur aus "real" Erlebtem, sondern zu "drei Vierteln aus TrĂ€umen und TagtrĂ€umen ("lĂ€ngeren Gedankenspielen")" zusammensetzt, ist fĂŒr den Autor, der die Vokabel "Karriere" selbstverstĂ€ndlich nur mit Augenzwinkern ausspricht, keine Frage. Was entsteht, ist ein Kaleidoskop, in dem Erinnerungsbilder des fĂŒnfzehnjĂ€hrigen Gymnasiasten, der zwischen DĂŒsseldorf und Benrath in der Straßenbahnlinie 18 sitzt, ebenso aufgehoben sind wie ExpeditionstagebĂŒcher, die etwa ĂŒber die Sprache der Regenbogen-Esser Auskunft geben. Und freilich finden sich wilde Notizen von den endlerschen alter egos Bobbi Bergermann und Bubi Blazezak, die nicht zuletzt auch eine Art DDR-Geschichte fern jeder Nostalgie bergen.