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Tagebuch 1920

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Von Juli bis September 1920 begleitete der fĂŒnfundzwanzigjĂ€hrige Isaak Babel die legendĂ€re 1. Kavalleriedivision der Roten Armee als Korrespondent an die SĂŒdwestfront des Russisch-Polnischen Krieges. Babel begab sich freiwillig auf den Kriegerpfad, nachdem sein Mentor Maxim Gorki ihm geraten hatte, »unter die Leute zu gehen«, um mehr Lebenserfahrung zu sammeln. Selbst ein AnhĂ€nger der Revolution, ritt er mit den Kosaken nach Galizien und lieferte fĂŒr die Zeitung Roter Kavallerist Propagandaberichte ĂŒber die Kriegserfolge. Gleichzeitig fĂŒhrte er ein Tagebuch, in dem er sein zunehmendes Entsetzen ĂŒber das wahre Gesicht des Krieges festhielt. In intimen Momentaufnahmen zeigt Babel schmutzige, misshandelte wolhynische Bauern und ausgeplĂŒnderte, verfolgte Juden; syphilitische russische Soldaten und entwĂŒrdigte Gefangene; wilde, singende Kosaken und geschundene MĂ€dchen; abgestochene KĂŒhe, erschossene Pferde, ausgerĂ€ucherte Bienenstöcke. Schonungslos notiert Babel, was fĂŒr ihn ein doppeltes Grauen gewesen sein muss, war der Ritt in das grĂ¶ĂŸte jĂŒdische Siedlungsgebiet des Ostens fĂŒr ihn doch zugleich eine Heimkehr zu den VĂ€tern – und er kam nicht mit Rettern, sondern mit Zerstörern: »Wie wir die Freiheit bringen – schrecklich.«

Isaak Babels Tagebuch 1920 ist Zeugnis eines Krieges, der, obwohl sein Ausgang das Schicksal Europas entscheidend prĂ€gen sollte, in westlichen GeschichtsbĂŒchern nur mehr als Fußnote behandelt wird. Heute hallt sein Echo lauter wider denn je.