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Wer nicht stirbt zur rechten Zeit

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Auf einem kleinen Podest, unter einem seiner ĂŒberdimensionalen GemĂ€lde, liegt die Leiche des Malers Seibold. Es ist ein offenes Geheimnis, dass er »gesoffen hat wie ein Loch«. Starb er an den Folgen seiner Alkoholsucht? Oder hat jemand nachgeholfen? Vogelsang, ein berĂŒhmter Berufskollege, hasste ihn. Seine schöne LebensgefĂ€hrtin Lola, die bei ihm nicht gerade den Himmel auf Erden hatte, verfĂŒgt nun ĂŒber sein Bankguthaben. Kommissar Timm hat allen Grund, misstrauisch zu sein.

LESEPROBE:

Im Fall Seibold war er keinen Schritt weitergekommen. Lola Belicke hatte auf eine Anzeige verzichtet, weil sie beim besten Willen nicht angeben konnte, was nach dem Einbruch fehlte. GrĂ€fe hatte lediglich zwei schwache AbdrĂŒcke eines Turnschuhs etwa der GrĂ¶ĂŸe 36 gesichert. Also doch nur neugierige Kinder? HĂ€tten die nicht mindestens FingerabdrĂŒcke am Fenster hinterlassen?

Timm hatte keine Zeit, sich darum zu kĂŒmmern. Auf den endgĂŒltigen Obduktionsbericht musste er unter UmstĂ€nden noch vierzehn Tage warten. Er fand nicht einmal Zeit, bei den Biologen nachzufragen. Nur auf den bloßen Verdacht hin, dass dem Inhalt einer Flasche Whisky Methylalkohol beigemengt gewesen sein konnte, ließ sich wenig unternehmen.

Seibolds Todesanzeige fand er in der Sonnabend-Zeitung. Lola Belicke, deren Name ohne jede ErgĂ€nzung unter dem schlichten Text stand, musste ĂŒber gute Beziehungen verfĂŒgen, dass die Annonce so schnell erschienen war. Am Mittwochnachmittag war schon die Trauerfeier im Krematorium Baumschulenweg. Auf der Kulturseite wurde Seibolds Tod nicht erwĂ€hnt.

Timm las die Zeitung erst am Sonntagvormittag, als er vom Dienst heimgekehrt war und nicht wusste, wie er sich Heikes boshafter Vermutungen ĂŒber seinen Dienstverlauf erwehren sollte. Sie war mit Steve zur Demonstration gegangen. Der erzĂ€hlte munter davon. „Da hatte jemand eine Großmutter gemalt, mit ganz großen ZĂ€hnen und einem Kopftuch!“

„Großmutter, warum hast du so große ZĂ€hne.“ Heike bleckte ihre, die eher klein waren. „Gemeint war dein Freund Egon! Und auf der RĂŒckseite Tapeten-Kutte mit einem Papierhelm.“

Timm hatte die Bilder im Fernsehen gesehen. „Du weißt genau, was ich von den beiden halte“, sagte er Ă€rgerlich. Er war ĂŒbermĂŒdet, und er wagte noch immer nicht, Heike in die Augen zu blicken. Aus anderen GrĂŒnden allerdings, als sie vermutete. Seine Hoffnung, ihre Beziehung wĂŒrde sich nach der gemeinsamen Nacht normalisieren, hatte sich nicht erfĂŒllt.