Alfred Wolfensteins Kleine Bibliothek der Weltliteratur

1923 erscheint im kleinen, aber bedeutenden, weil politisch engagierten Berliner Malik Verlag Victor Hugos »Die letzten Tages eines Verurteilten« in der Übersetzung von Alfred Wolfenstein. Hugos Text liest sich als ergreifende Anklageschrift gegen die Todesstrafe und zeigt seinen Autor als politisch aufgeklĂ€rten Schriftsteller. Dessen Protest gegen die Todesstrafe ist nicht nur historisch situiert, denn auch heute noch sind derartige Verurteilungen in vielen LĂ€ndern an der Tagesordnung, ohne dass die Abschaffung der Todesstrafe allgemeiner Konsens selbst in der sogenannten Zivilgesellschaft wĂ€re. Alfred Wolfenstein reiht sich wenig spĂ€ter mit seinem Drama »Die Nacht vor dem Beil« (1929) in die Reihe der literarisch-publizistischen Kritiker ein, die in dieser Strafe einen groben Verstoß gegen die Menschenrechte und einen RĂŒckfall in vorzivilisatorische Zeiten sehen. Mit diesem TheaterstĂŒck kĂ€mpft er gegen die Verletzung der MenschenwĂŒrde an und schlĂ€gt sich damit auf die Seite Victor Hugos. Hugo stellt im ersten Satz seiner Einleitung klar: »â€șDer letzte Tag eines Verurteiltenâ€č ist nichts anderes als eine Schrift gegen die Todesstrafe. [
] Ich kenne kein ehrenvolleres, kein edleres Ziel als dieses, die Abschaffung der Todesstrafe.« Beide Autoren, Victor Hugo ebenso wie sein Übersetzer, der Schriftsteller Alfred Wolfenstein, sehen in ihrer Kunst ein legitimes Mittel der Anklage – in der Hoffnung, mittels Literatur AufklĂ€rung ĂŒber politische Fehler zu betreiben.