Jürgen Ritschel erzählt von Jugendlichen der DDR, ihren Lebensauffassungen, Erwartungen und Hoffnungen. An der Schwelle vom Kindes- zum Erwachsenenalter stehen sie vor Entscheidungen, die für ihr weiteres Leben wichtig sind. Ein jeder wird gebraucht, jeder muss seinen Platz finden. Jeder hat seine Chance, aber auch seine Pflichten, und immer werden Lehrer, Eltern oder Vorgesetzte gefordert.
Der Autor rückt in den vorliegenden drei Erzählungen Haltungen wie Ehrlichkeit zu sich selbst und zu anderen, Bewähren oder Versagen in schwierigen Situationen in den Mittelpunkt seiner Erkundungen.
In «Jagdflieger sein» hat es sich ein Vierzehnjähriger in den Kopf gesetzt, Jagdflieger zu werden. Gesundheitliche Schäden nach einer Rettungstat werfen all seine Pläne zunächst über den Haufen ...
Mit welchem Maß an Strenge und Feingefühl kann ein Ausbilder im GST-Lager der Studenten seine Aufgabe lösen? Dieser Frage geht Jürgen Ritschel in der Erzählung «Jochen Winter» nach.
In «Cross auf Lanz Bulldog» wendet sich der Autor Konflikten zu, die sich in einer achten Klasse ergeben. Auch hier erweist sich der Autor als gut beobachtender Zeitgenosse.
LESEPROBE:
Thomas bemerkte nicht, dass sein Großvater in die Scheune gekommen war und seinem Tun eine Weile zusah.
„Hast das Motorrad gefunden?“
Der Junge wandte sich schreckhaft seinem Opa zu, ließ die Hände sinken, stand hilflos, verlegen, fühlte sich ertappt.
„Eine gute Maschine“, sagte der Opa und kam näher.“Neunzehnfünfundsiebzig bin ich das letzte Mal darauf gefahren. Die hat mitgemacht bei Wind und Wetter. Schläuche müssten noch da sein. Nagelneu. Talkumiert.“ Er stieß mit dem Schuh gegen den platten Mantel des Hinterrades. „Pumpe aber am besten erst einmal Luft auf. Vielleicht halten die Schläuche noch.“
Thomas lockerte seine Stellung. Kein Vorwurf. Das klang, als dürfte er mit dem Motorrad fahren.
„Deinem Vater erzähl’s lieber nicht“, sagte der Opa. Er sparte aus, warum. Thomas verstand trotzdem. Sein Vater benölte die Fliege an der Wand, seit er aus der zentralbeheizten Wohnung aufs Land gezogen war. Sie hätten sich von der totalen Freiheit der Stadt in die Zwänge des Landlebens begeben, sagte er oft. Thomas dagegen entdeckte täglich mehr Freiheiten, und für ihn war es die größere Freiheit, den Ofen selbst zu heizen, als ihn geheizt zu bekommen.
„Bist du damit auch über die Äcker gefahren. Opa?“
„Über die abgeernteten Felder, aber sicher.“ Großvaters Augen waren plötzlich von freundlichen Fältchen umkränzt.