Der Neukantianer Karl VorlĂ€nder, dessen monumentale Biographie »Immanuel Kant. Der Mann und das Werk« (1924 bei Meiner erschienen) maĂgeblich das Bild Kants im 20. Jahrhundert geprĂ€gt hat, veröffentlichte 1929 auch eine Biographie ĂŒber Karl Marx. Denn VorlĂ€nder stand der Sozialdemokratie nahe und vertrat, wie viele Kantianer der Marburger Schule, einen ethischen Sozialismus. Bereits 1904 hatte er in einem Vortrag ĂŒber »Kant und Marx« den Kategorischen Imperativ als grundlegendes Prinzip des Sozialismus zu begrĂŒnden versucht.
VorlĂ€nders lebendig geschriebene, handliche Marx-Biographie, die zahlreiche damals neue Quellen auswertet, will eine von »parteilicher Voreingenommenheit« freie, »unbefangene Schilderung« von Marx' Leben geben. Der Autor positioniert sein Werk zwischen Mehrings zehn Jahre frĂŒher erschienener Biographie (die er schĂ€tzt) und Sombarts Werk ĂŒber den Sozialismus (das er scharf ablehnt). Die Biographie verfolgt in drei groĂen Abschnitten Marx' Jugend und Studienjahre sowie die Freundschaft und Zusammenarbeit mit Engels bis zum »Kommunistischen Manifest«, die Zeit nach der gescheiterten Revolution bis 1870 sowie Marx' Altersjahre bis zu seinem Tod 1883. Ein vierter Teil wirft einen Blick auf Marx' Bedeutung fĂŒr die Gegenwart.
VorlÀnder will vor allem einen Eindruck von dessen Persönlichkeit und seiner politischen Entwicklung vermitteln; eine Auseinandersetzung mit Marx' ökonomischem Werk nimmt er bewusst nicht vor.