Das Zeitalter der Kolonialkriege ist in der öffentlichen Wahrnehmung spätestens seit dem Abschluss der Dekolonisierung Mitte der 1970er Jahre zu Ende gegangen. Der Kolonialkrieg gilt als Krieg der Vergangenheit, dem die politische Grundlage entzogen ist. Tatsächlich jedoch knüpfen zahlreiche militärische Auseinandersetzungen der Gegenwart mehr oder weniger offen an das historische Phänomen des Kolonialkriegs an. Sie werden von einer Renaissance der Begriffe Imperium und Imperialismus begleitet, die in neue globale und regionale Ordnungsentwürfe einfließt. Gegenwärtige Ansätze werden häufig durch einseitige historische Referenzen legitimiert, ohne dabei die Vielschichtigkeit der kolonialen Kriegssituation in ihrer vollen Breite zu erfassen. Diesem Defizit setzen die Autoren dieses Bandes einen systematischen historischen Vergleich entgegen. Der Kolonialkrieg war jedoch nicht nur die radikalste Form akuter Gewaltanwendung im imperialistischen Zusammenhang, sondern ein integraler Bestandteil der kulturellen Praxis expandierender Staaten. Einbezogen werden deshalb auch kulturwissenschaftliche Fragestellungen. Die elf ausgewählten Beispiele kolonialer Kriegführung spiegeln die historische Entwicklung militärischer Gewalt im Zeichen des Imperialismus von dessen Anfängen in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts bis zum Abschluss der Dekolonisierung Mitte der 1970er Jahre sowie unterschiedlichste Typen imperialistischen Vordringens wider. Gefragt wird dabei insbesondere nach den Bedingungen und dem Verlauf der Kriege, dem militärischen Vorgehen, den kulturellen Vorstellungen, Diskursen und Sprachregelungen, die im Einzelfall damit verbunden waren, sowie danach, wie die Kriege in die Erinnerung eingegangen sind.
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