Musik fungiert auf vielfĂ€ltige Weise als Medium des GedĂ€chtnisses. Wie vom Einzelnen die eigene Lebensgeschichte zu betreffenden MusikstĂŒcken assoziiert wird, besitzen auch Gemeinschaften spezielle StĂŒcke zur Markierung von Ereignissen, von AnlĂ€ssen. Vor allem seit dem 19. Jahrhundert ist diese Setzung von GedĂ€chtnisorten eine fĂŒr die Stiftung kultureller IdentitĂ€t wesentliche Funktion stĂ€dtischen Musiklebens und auch der (musik)historische Blick zurĂŒck diente ĂŒblicherweise diesem Zweck. Dies gilt auch fĂŒr Triest, die von einer sozial, ethnisch und religiös besonders vielfĂ€ltig zusammengesetzten Bevölkerung geprĂ€gte Hafenstadt.
Im Unterschied dazu bilden musikgeschichtliche Texte nicht die Basis, sondern den Ausgangspunkt einer Untersuchung, deren Ziel es ist, die Wechselwirkungen der unterschiedlichen KommunikationsrĂ€ume dieser Stadt zu erfassen. Anhand je eines historisch gesehen reprĂ€sentativen Raumes (Verdi und das "Teatro Communale", der "Narodni dom" und der "Schiller-Verein") und seiner Darstellung in Bezug auf Entstehung, auf symbolische Aufladung und nachfolgende Wirkungsweise, wird das Musikleben der Stadt erstmals in einer Zusammenschau der drei vertretenen Sprachgruppen â italienisch, slowenisch und deutsch â dargestellt und so ein exemplarischer Fall fĂŒr das Entstehen neuer Raumvorstellungen (imagined communities) sowie ein vertieftes VerstĂ€ndnis zentraler Prozesse des nation building im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert gewonnen.