BildEvidenz

Im Diskurs um "figura" kristallisieren sich in Mittelalter und frĂŒher Neuzeit vielzĂ€hlig facettenreiche Vorstellungen von der MedialitĂ€t bildlicher Figurenevidenz, die sich exemplarisch im Werk von DĂŒrer fassen lassen. Entstammt "figura" als Begriffskategorie der Rhetorik und der biblisch-theologischen Exegese, so ist sie doch zugleich auch den vielfĂ€ltigen Diskursen um die bildliche Formschaffung aus der Kraft einer figurierenden Imagination verknĂŒpft. Im Zentrum steht dabei die Frage, welche visuelle und materielle Konkretheit der figuralen Bildlichkeit und ihrer Ă€sthetischen Gestalt zukommt. Mit "figura" werden gleichsam die medialen Bedingungen und Effekte der bildlichen Evidenz mit all ihren Interferenzen von ReprĂ€sentation und PrĂ€senz, dem 'Was' und dem 'Wie' des Bildes aufgerufen. Diese Evidenz reicht ĂŒber die FigĂŒrlichkeit im Sinn einer gegenstĂ€ndlich fassbaren und motivisch definierten ReprĂ€sentation hinaus und hebt auf eine SinnfĂŒlle und Erfahrungsdimension des Dargestellten ab, die sich wesentlich aus der PrĂ€senz seiner bildlichen Erscheinung selbst ergibt und jenseits des Ă€sthetischen Soseins dieser bildnerisch-medialen AusprĂ€gung nicht zu fassen ist. Das facettenreiche Spektrum dieses Diskurses umfasst mittelalterliche Kontroversen um Christi figurale Gegenwart im Bild oder EntwĂŒrfe der "imago figurata" im Barock ebenso wie kĂŒnstlerische Praktiken der Renaissance, etwa bei Leonardo und in exemplarischer Weise bei Albrecht DĂŒrer.