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Broken German

E-book


Jahre, nachdem Radili sich nach bedrohlichen Anpöbelungen durch Skins ein Messer gekauft hat, kehrt er als Erwachsener in dieselbe Stadt zurĂŒck, und seine neuen Freunde aus der »linksradikalen WG« wollen einen Film daraus machen. Die Suche nach dem damals vergrabenen Messer ist die erste von vielen Situationen, die der ErzĂ€hler vor uns abrollt, fallen lĂ€sst, neu aufnimmt und auf ganz unorthodoxe Weise miteinander verknĂŒpft. Er entwickelt eine Szene im JĂŒdischen Museum, die in einen Krimi mĂŒndet, er bespricht mit seiner Mutter Erinnerungen an ein von den Deutschen besetztes Dorf in RumĂ€nien (»Eine dicke Mann, der seine Ärmel hoch rollt, fast bis zum Achsel, und sagt, bis hierher, bis hierher hĂ€tte ich, bis hierher hĂ€tte ich meine Ärme in Judenblut eintauchen, lebt in meine Mutter«), er rekapituliert einen Schulausflug zu archĂ€ologischen Grabungen im Norden von Israel, und immer wieder finden wir uns in der »Bar zum Roten Faden«, in Lokalen und Callshops wieder, in denen Radili und seine Freunde Amadou, Fikert, Anuan, Abayomi und Jamal abhĂ€ngen.

Es wĂ€re ein ganz normaler, ĂŒbermĂŒtiger und ungenierter Großstadtroman, wĂ€re da nicht seine Sprache, die Sprache all dieser Migranten, die wie der ErzĂ€hler – »Das ist kein Deutsch!« – aus ihrer Sprache deportiert und aus der Geschichte bzw. der ErzĂ€hlung hinausgeworfen wurden. »Realismus schreiben nur Menschen mit einem festen Wohnsitz und einer Aufenthaltserlaubnis«, sagt Tomer Gardi und entwickelt in Broken German ein anspielungsreiches, anspruchsvolles und vergnĂŒgliches PlĂ€doyer fĂŒr die Sprachenvielfalt in der einen Sprache, fĂŒr die RegelĂŒbertretung, fĂŒr das nicht Normierte.