Dieses turbulente Wochenende beginnt an einem Donnerstagnachmittag in Berlin reichlich vorzeitig, und Gerd weià noch nicht, was ihm bevorsteht, als er mit seiner letzten Eroberung, der rothaarigen Petra, auf dem Sozius zur Datsche hinausfährt - oder er ahnt nur das Angenehme davon, denn sein Rotfuchs interessiert ihn im Augenblick hundertmal mehr als sein verschwundener Onkel.
LESEPROBE:
Petra schien an den euphorischen Worten der Serviererin gelinde zu zweifeln, während sie sich in dem Konsum-Etablissement umguckte. Sie suchte wohl die SchÜnheit, die Carola zum Hierbleiben animierte; sie erblickte aber nur Rodek, und der konnte ein Mädchen wahrhaftig eher zum Weglaufen verleiten. Sein massiger Schädel hatte die Farbe von verdßnntem Johannisbeermost angenommen, obwohl das bestimmt eine Flßssigkeit ist, die Franz sein Lebtag noch nicht probiert hat. Er steht auf Kognak, wie er und seine zwei, drei Spezialbrßder ihre Lieblingsmarke Spezi getauft hatten. Mir fiel ein, dass Rodek sehr wohl der Trinker des zweiten Mostrichglases in Kurts Kßche gewesen sein konnte.
Franz Rodek musste von Opa Christian notgedrungen ablassen, weil der sich mĂźhsam erhoben hatte und mit winzigen Altmännerschritten die Gaststube durchquerte. Die TĂźrschwelle bereitete ihm erhebliche Schwierigkeiten, und der Spacke von unserem Tisch sprang auf, um ihm zu helfen. Opa Christian winkte ab, doch der Junge sagte: âDie hohen Stufen drauĂen schaffen Sie alleine nicht."
âNej, nej, min Jonge", antwortete der Alte, âich geh ja man bloĂ schiffen."
AuĂer Petra und dem Mädchen mit dem sehr engen Pullover fand kein Mensch etwas an der Antwort. Die Grappenthiner kennen ihren Dorfältesten, der einstmals ein groĂer Pferde- und Leuteschinder war und der nun allabendlich im Konsum saĂ und â quasi als späte SĂźhne â Kaffee trinken musste, weil der Schnaps nicht gut fĂźr seine Krankheit war.
KopfschĂźttelnd kehrte der Spacke zu uns zurĂźck, doch an seinem Platz war inzwischen Rodek angelangt, starrte uns der Reihe nach grimmig an und brĂźllte: âWo ist mein Bier?"
âGuten Abend", sagte ich, und fĂźr Petra fĂźgte ich hinzu: âHerr Rodek."
Er musterte mich drohend. âDich kenne ich", brĂźllte er. Ich hatte den Kerl noch niemals leise sprechen hĂśren.
âNa sicher", sagte ich. âDein Bier habe ich trotzdem nicht getrunken."