Den Glauben, die Berufung auch als Beruf auszuĂŒben: Diese Entscheidung seinen Mitmenschen und besonders seiner Familie verstĂ€ndlich zu machen ist nicht immer einfach. In seinen christlichen Geschichten erzĂ€hlt Wilhelm Wiesebach von ExistenzĂ€ngsten, Verpflichtungen und dem familiĂ€ren Druck, den die Entscheidung, ins Kloster zu gehen, heraufbeschwört: Zwei Söhne der alten Frau Schirmer sind im Kloster. Nur der JĂŒngste ist ihr geblieben, um sie im Alter zu versorgen. Sein Plan, es den BrĂŒdern gleichzutun, bringt sie zur Verzweiflung. Ein GesprĂ€ch mit ihrem Pfarrer lĂ€sst sie eine mutige Entscheidung treffen. Ganz anders die Familie von Angelo. Der heiĂblĂŒtige Paterfamilias Carlos setzt seine ganze AutoritĂ€t gegen seinen Sohn ein, als der frischgebackene Abiturient, der mit seinem Tangospiel die ganze Nachbarschaft mitreiĂt, seinen Entschluss, zu den Padres zu gehen, mitteilt. Listig schickt er den Jungen zu seinem Bruder nach Rio, um ihm das "echte Leben" schmackhaft zu machen. Als der Sohn, aufgeschwemmt und kalt von den VergnĂŒgungen der Stadt, zurĂŒckkommt, ist seine Lebensfreude zerstört. Andere ErzĂ€hlungen dieser Sammlung, wie z. B. "Vita" oder "Der Einzige" zeigen christliche NĂ€chstenliebe als intuitive Handlung ("Vita") oder als Verwandlung in die persönliche Freiheit ("Der Einzige"). Wilhelm Wiesebachs ungewöhnliche Kurzgeschichten erzĂ€hlen von existenziellen Konflikten, in die der Glaube den modernen Menschen stĂŒrzen kann.
Wilhelm Wiesebach (1878â1929) war ein deutscher Schriftsteller, katholischer Theologe und PĂ€dagoge mit besonderer Beziehung zum Jesuitenorden. Neben theologisch bzw. kirchenhistorisch orientierten Werken ("Die Austreibung der Jesuiten aus Portugal", 1910; "Die Frohbotschaft der Tat" 1925), verfasste Wiesebach eine Reihe von belletristischen Werken mit christlicher Thematik (u. a. "Der Einzige und andere ErzĂ€hlungen", 1915; "Er und ich", 1916; "Am heiligen See", 1919).